Auslieferungen laufen Sturm gegen Libri-Gebührenforderung

Libri-Geschäftsführer Dr. Gerhard Dust hat an offensichtlich mehrere kleinere Auslieferungen vor Weihnachten ein Schreiben gesandt, in dem er ankündigt, man werde rückwirkend zum 1.10.2003 alle Sendungen von Verlagen an das Barsortiment Libri mit Abholgebühren belasten. [mehr…] Begründung: Man habe mit den Verlagen eine „portofreie Anlieferung“ vereinbart.

Karl-Klaus Rabe, Geschäftsführer der GVA, Gemeinsame Verlagsauslieferung Göttingen GmbH & Co. KG, rabe@gva-verlage.de hat zu diesem „ungeheuerlichen Schritt“ einen Offenen Brief geschickt, den wir hier veröffentlichen. Ähnlich hat übrigens auch Jochen Mendej.mende@prolit.de von PROLIT reagiert, dessen Schreiben an Dr. Dust er ebenfalls gerne öffentlich gemacht sieht. Auch das finden Sie hier. Eine Stellungnahme von Dr. Dust steht noch aus, wir haben gerade erst angefragt.

Raabe an Dr. Dust:

Eine Auslieferung arbeitet im Einvernehmen mit ihren Verlagen und stimmt ihre Konditionen mit ihnen ab. Die GVA hält sich an diese Konditionen, sofern sie im Einklang mit dem neuen Preisbindungsgesetz stehen bzw. kartellrechtlichen Entscheidungen standhalten sowie der Verkehrsordnung des deutschen Buchhandels und dem einst im Potsdamer Protokoll Vereinbarten entsprechen.

Libris Vorgehensweise ist nicht von diesem Geist geprägt. Sie erwarten von den Auslieferungen „begründete Gegenbelastungen“, sollte ein Verlag Ihren aufoktroyierten neuen Konditionen nicht zugestimmt haben. Dabei sind Sie es doch, die in diesem Fall eigentlich beweispflichtig sind. Deshalb fordere ich Sie auf, uns die Zustimmungserklärungen der Verlage zukommen zu lassen.

Ich habe die GVA-Verlage schon vor Monaten, als Libri die ersten Schreiben in dieser Frage an Verlage verschickt hat, aufgefordert, uns auf dem Laufenden zu halten. Ich wiederhole mich: Kein einziger GVA-Verlag hat uns seitdem davon in Kenntnis gesetzt, dass er einer „portofreien Anlieferung“ zugestimmt hätte.

Ein Letztes: In den Vereinbarungen mit Verlagen, die in Ihrem Barsortiment neu gelistet werden wollen, findet sich ein Passus: dass sich Libri ein 100-prozentiges Remissionsrecht für den Fall vorbehält, dass Verhandlungen über neue Konditionen scheitern. Sie drohen also allen Verlagen, die dem nichtsahnend zugestimmt haben, jetzt damit (ohne es auszusprechen), sie aus Ihrem Angebot komplett zu streichen, sollten sie einer „portofreien Anlieferung“ widersprechen.

Das alles begründen Sie damit, dass Libri nach dem neuen Preisbindungsgesetz keine schlechteren Konditionen als der Buchhandel erwartet.

Herr Dr. Dust, es gibt keinen einzigen GVA-Verlag, der Libri schlechter behandelt als jedes andere Barsortiment. Darauf achten wir. Es ist vielmehr so, dass Libri Konditionen nicht akzeptiert, die für KNO/KV, Umbreit oder Könemann Usus sind, zum Beispiel die Belieferung mit 45 bis 47,5 Prozent Rabatt bei einem Grundrabatt von 30 Prozent. Libri ist das Barsortiment dieser Republik, das prozentual gesehen die wenigsten Titel von GVA-Verlagen führt, weil mittlerweile unter 50 Prozent Rabatt bei Ihnen nichts mehr läuft. Da dies manche Verlage nicht akzeptieren, sind sie bei Ihnen nicht gelistet.

Die GVA beliefert keinen einzigen Buchhandelskunden – ob nun Sortiment oder Barsortiment – portofrei. Wir diskriminieren Libri nicht.

Ihre – im Übrigen nachgeschobene – Begründung, Sie wollten „keine schlechteren Konditionen als der Buchhandel“ hinnehmen, kann ich überhaupt nicht verstehen. Weisen Sie der GVA nach , dass wir Libri jemals schlechter behandelt hätten. Das wird Ihnen nicht gelingen.

Ich biete Ihnen gerne an, eine Dokumentation zu erstellen, in der ich Punkt für Punkt nachweise, dass kein Barsortiment der Republik Verlage so unter Druck gesetzt hat wie Libri, um die besten Konditionen herauszuschinden. Nur ein Beispiel: Libri ist führend bei den Remissionsquoten:

Mit neuen Verlagen wird vereinbart: 100 Prozent Remissionsrecht auf den Erstauftrag, 20 Prozent für alle Fälle, 100 Prozent beim Scheitern von Konditionsneuverhandlungen. Und das nutzen Sie im Einzelfall über Gebühr aus. Deshalb hat es schon einigen Schriftverkehr, einige Telefonate mit Ihrem Category Management und Ihrer Kollegin, Frau Winkler, gegeben.

Herr Dr. Dust, ich biete Ihnen an, entsprechende Daten zur Verfügung zu stellen. Offensichtlich ist Ihr Haus nicht in der Lage, den Überblick zu wahren. Die Liste, die Sie uns Heiligabend haben zukommen lassen, ist ein Beleg dafür. Die Auseinandersetzungen über Remissionsquoten mit GVA-Verlagen in der Vergangenheit belegen dies auch.

Die GVA liefert 106 Verlage gemeinsam in einer Lieferung mit einer Rechnung aus. Ihrer Geschäftsführungskollegin, Marga Winkler, gefällt dies nicht. Sie hat die GVA als Einzige in dieser Republik aufgefordert, ihre Verlage separat zu fakturieren. Mit Kopfschütteln haben wir das registriert – und folgen diesem Wunsch. Statt eine (oder ein paar) Paletten pro Tag zu liefern, erhalten Sie jetzt viele, viele, viele Einzelsendungen. Das sorgt für Begeisterung in Ihrem Wareneingang, in Ihrer Buchhaltung, bei der Entsorgung des Verpackungsmaterials … Das nenne ich ein Beschäftigungsprogramm.

Würden Sie diesen Unsinn sofort abstellen, würde Libri vermutlich mehr Geld sparen als mit „portofreier Anlieferung“.

Die GVA widerspricht Ihrer geplanten Vorgehensweise. Verstehen Sie dieses Schreiben gleichzeitig als „begründete Gegenbelastung“ aller GVA-Verlage, sofern unsere Verlage uns nichts Gegenteiliges präsentieren, von dem wir bisher keinerlei Kenntnis haben.

Ich betone ausdrücklich, dass die GVA sich selbstverständlich an Vereinbartes hält. Das heißt, auch wenn ich mich abermals wiederhole: Die GVA hält sich an Konditionen, sofern sie im Einklang mit dem neuen Preisbindungsgesetz stehen bzw. kartellrechtlichen Entscheidungen standhalten sowie der Verkehrsordnung des deutschen Buchhandels und dem einst im Potsdamer Protokoll Vereinbarten entsprechen.

Herr Dr. Dust, ich würde mich freuen, wenn wir wieder zu einem „business as usual“ zurückkehren.

Ich wünsche mir eine bessere Zusammenarbeit mit Ihrem Haus im neuen Jahr. Vieles ginge doch einfacher. Lassen Sie uns über Wege nachdenken, wie dies mit simplen Mitteln gehen könnte.

Und hier die Antwort von J. Mende:

Abholgebühren für Barsortimentssendungen
Ihr Schreiben vom 19.12.2003, eingegangen Heiligabend

Sehr geehrter Herr Dr. Dust,

vor 5 Monaten hat das Libri-Barsortiment mit serienbriefartigen Schreiben an Verlage versucht, hinsichtlich der Lieferkonditionen neue und für die Verlage schlechtere Bedingungen durchzusetzen. Im Widerspruch zu den – bis dato auch von Libri praktizierten – Handelsbräuchen unserer Branche sollten die Verlage künftig Abholgebühren auch für den Transport von Barsortimentsware über den Libri-eigenen Bücherwagendienst bezahlen. Begründet wurde dies damals mit Vereinheitlichung von Abläufen im Hause Libri.

Seinerzeit wurde dieser Vorstoß Ihres Hauses sehr schnell zum Thema in der Branchenöffentlichkeit. Im Ergebnis haben, nach meinem Kenntnisstand, die Verlage dem Verlangen von Libri nach für Libri besseren und für die Verlage schlechteren Konditionen durchweg nicht stattgegeben.

Nun wird von Ihnen das Anliegen erneut thematisiert. „Mit der (neuen) Begründung, dass Libri auch nach dem neuen Preisbindungsgesetz keine schlechteren Konditionen als der Buchhandel erwartet.“ Diese Begründung ist nicht tragfähig. Sie wäre es nur dann, wenn in der Gesamtheit der Konditionen (Rabatte, Boni, Skonti, Partieexemplare, Valuta, Zahlungsziel – und eben auch Transportkostenregelung) die Verlage für das Barsortiment schlechtere Konditionen festsetzen als für direkt belieferte Letztverkäufer. Dies ist nach meinem Kenntnisstand jedoch nicht der Fall.

Sie fügen Ihrem Brief eine 89 Verlage umfassende Liste von bei uns ausliefernden Verlagen bei und behaupten, dies seien diejenigen „Verlage unserer Auslieferung, mit denen Sie zusammenarbeiten und die bereits seit langem ‚portofreie Anlieferung‘ mit Ihnen vereinbart haben oder sich neuerdings per 31.09.03 zur Zahlung der Abholgebühr verpflichtet haben.“
Diese Behauptung ist falsch: kein einziger der Verlage (die gehalten sind, uns Konditionenänderungen jeweils unverzüglich mitzuteilen) hat uns über eine solche (neue) mit Ihnen getroffene Vereinbarung informiert.
Im Gegenteil: eine Vielzahl der angelisteten Verlage hat uns in den letzten Wochen und Monaten darüber informiert, dass sie der von Ihnen gewünschten Verbesserung der für Libri geltenden Konditionen nicht zustimmt.

Auf diesem Hintergrund können wir Ihrem angekündigten Verfahren „mit Wirkung vom 01.01.04 eine Berechnung sämtlicher Sendungen an Libri aus unserer Verlagsauslieferung (analog zu den Beischlüssen) zu berechnen“ nicht zustimmen.

Sollten Sie im Einzelfall wirklich mit einem Verlag eine solche (neue) Abrechnungsvereinbarung getroffen haben, bitte ich um Überlassung eines entsprechenden Beleges. In einem solchen Fall wird dann vermutlich Ihre EDV auch in der Lage sein, eine entsprechende – und dann berechtigte – Berechnung für den betreffenden Verlag zu erstellen. Falls erforderlich, kann selbstverständlich auch unsere EDV Ihnen hier mit den entsprechenden Daten helfen.und beziffern, welche Gewichte für diesen Verlag an Ihr Barsortiment geliefert wurden. Ihrem Vorschlag, solche Abrechnungen – analog zur Abrechnung der Abholgebühren für Beischlüsse – dann quartalsweise zu erstellen, stimme ich zu.

Die von Ihnen angestrebte Veränderung der Handelsbräuche im Buchhandel hat eine beträchtliche ökonomische Relevanz für die gesamte Branche. Sollten diese Veränderungen greifen und auch Ihre Wettbewerber sich dem anschließen, kostet dies die Verlage insgesamt weit über eine Million Euro jährlich. Daher werde ich mir erlauben, diesen Brief (wie – auf Anforderung – auch Ihr Schreiben vom 19.12.) der Branchenöffentlichkeit zugänglich zu machen. [mehr…]

Mit freundlichen Grüßen
PROLIT VERLAGSAUSLIEFERUNG GMBH
(Jochen Mende)

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