"Ein brillantes Beispiel dafür, dass Bilderbücher bei der Bewältigung von Schlüsselereignissen der Menschheitsgeschichte eine bedeutende Rolle spielen" Verkaufshilfe: Benzes besonderes Buch im Mai ist „Floris & Maja“ (Moritz)

In jeder BuchMarkt-Ausgabe liefert Helmut Benze Tipps für ganz besondere Bücher. Im Mai-Heft hat er sich mit ElzbietaFloris & Maja
(Moritz Verlag) beschäftigt. Auf Seite 37 bringt er gute Argumente für das Werk:

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Floris & Maja ist ein Meisterstück. Es verschmilzt herzerwärmende Anmut rilkescher Liebeslyrik mit präziser Definition von Kriegsbestialität. Es hilft Kindern wie Erwachsenen, das Grauen von Gewalt zu benennen und (vielleicht) zu ertragen.

Wir verdanken diese berührende Fabel der französischen Bildhauerin, Fotografin, Malerin, IIlustratorin und Dichterin Elzbieta (1936-2018), die mehr als 40 Bilderbücher geschaffen hat und mehrfach für den Astrid Lindgren Memorial Award nominiert wurde.

Floris & Maja ist in der exzellenten Übersetzung von Barbara Haupt 1994 bei Moritz erschienen und beweist nun, in Zeiten des seit 2014 von Putin befohlenen Überfalls auf den „Bruderstaat“ Ukraine, die zeitlose Bedeutung eines Kunstwerks, das behutsam dazu anleitet, Krieg, Kriegsverbrechen, Bruch des Völkerrechts und Verhöhnung jeglicher Humanität zu durchschauen und (vielleicht) zu erdulden. Seherische Begabung der Autorin dieses 1993 erschienenen Buches eröffnet einen aktuellen Bezug zur putinschen Heimsuchung der Ukraine seit 2014. Denn die Hasenkinder Floris und Maja sind eng befreundete Nachbarn, so wie viele Ukrainer Nachbarn, Freunde und sogar Verwandte von Russen sind. Allen diesen Opfern des brutalen Angriffs wurden Krieg und Feindschaft aufgenötigt.

Was widerfährt Floris und Maja?
• Die innig einander verbundenen Kinder haben den Bach zwischen ihren Wohnungen nie als Grenze erlebt. Sie spielen gemeinsam und erfreuen sich ihrer tiefen Zuneigung. Bis der Krieg mit Stacheldraht Grenzen diktiert und Nachbarn zu Gegnern machen will. „Der Krieg war unheimlich stark! Er beherrschte alle und nahm keine Rücksicht. Er machte schrecklichen Lärm. Er steckte Häuser an und schlug alles kaputt!“
• Als Floris’ schwer verletzter Vater endlich vom Schlachtfeld heimkehrt, kann er keinen Trost spenden. „Den Krieg kann man nicht töten (…). Denn er wird niemals sterben!“
• Maja hat ein Loch im Drahtverhau entdeckt und ist wieder mit Floris vereint. Die Kinder geben einander die Hand und berühren sich zärtlich mit den Näschen. Diese Szene, die auch das Cover ziert, erinnert mich an Rilkes Liebes-Lied: „(…) Doch alles was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. (…) O süßes Lied.“

Was spricht darüber hinaus für dieses außergewöhnliche Bilderbuch?
• Es ist ein brillantes Beispiel dafür, dass Bilderbücher bei der Bewältigung von Schlüsselereignissen der Menschheitsgeschichte eine bedeutende Rolle spielen.
• Alle Erwachsenen, denen ich dieses Bilderbuch gezeigt habe, waren sofort überzeugt, dass Floris & Maja Kinder ansprechen und ihnen den Themenkreis Krieg und Versöhnung nahebringen werde.
• Das Leid ukrainischer Kinder wird begreifbar. Die schrecklichen Nachrichten und Dokumentationen des russischen Überfalls auf die Ukraine werden etwas erträglicher. Das Mitgefühl (noch) nicht direkt vom Krieg heimgesuchter Kinder wird sanft und umsichtig geweckt.
• Der Zauber von Fabeln, die Menschenschicksale am Beispiel von Tieren verdeutlichen, wirkt fesselnd und heilsam. Die Übertragung von Schrecken und Leid, von Entsetzen, Zuversicht und Liebe aus dem Hasenleben ins Menschliche gelingt mühelos.
• Der unerträgliche innere Widerstreit von totaler Entmutigung und wunderbarem Überlebenswillen wird eher bewältigbar. Mich erinnern die nahegehenden Bilder und die Botschaft von Elzbieta an ein Pressefoto aus dem zerbombten Butscha, an die zerschossene Wand eines Hauses, zerborstene Fenster und Türen. Überstrahlt von einer großformatigen Bemalung mit leuchtenden Sonnenblumen vor hellblauem Hintergrund und einem Storchenpaar bei der Fütterung seiner Nestlinge: Aller Zerstörung zum Trotz Lebensfülle, Liebe und Zuversicht.
• Mir bringt dieses Buch nicht allein Rilkes Liebes-Lied in den Sinn, sondern auch den Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud. Einstein – der Pazifist, der gleichwohl den Bau der Atombombe forderte, um Hitler zu stoppen – schreibt (um 1930) u.a. „(…) Die Massen sind niemals kriegerisch, solange sie nicht durch Propaganda vergiftet werden. Wir müssen unsere Kinder gegen Militarismus impfen, indem wir sie im Geiste des Pazifismus erziehen.“

Ihnen wünsche ich in den Bann
dieses Buches gezogene Kundinnen
und Kunden!

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