Martin Häusler über "Unsere entscheidenden Jahre" (Europa) „Der Appelativ dieses Buches ist hoffentlich so stark, dass er die Menschen aktiv werden lässt“

Martin Häusler (c) Andra

Mit Unsere entscheidenden Jahre (Europa Verlag) legt Martin Häusler ein Buch vor, das die Wut von Aktivistinnen und Wissenschaftlern aufnimmt, ernst nimmt und mit den erschreckenden Daten und Fakten unterfüttert. „Kein Buch erinnert so unerbittlich daran, in welchem wirklich erschreckenden Ausmaß gerade Mensch und Natur für Milliardengewinne geopfert werden“, sagt der Autor. Anlass für Fragen:

 

Diese Frage stellen wir immer zuerst: Worum geht es in dem Buch? 

Martin Häusler: Es geht um die Dramatik des von den Konzernen betriebenen Ökozids, um die Plünderung aller planetaren Sphären (Klima, Luft, Wasser, Boden, Biodiversität) und die Konsequenzen auf unsere Gesundheit und den Fortbestand der Menschheit. Es geht darum, dass wir uns dessen dringend bewusst werden müssen, um die Profiteure dieser Plünderung in den vor uns liegenden entscheidenden Jahren zu stoppen. Es muss klar werden, dass es nicht nur um Klimaschutz geht, sondern um kollektive Ausbeutung und die schleichende Vergiftung der Menschheit. Neun Millionen Menschen sterben pro Jahr an den Folgen von Umweltverschmutzung. Stellen Sie sich das einmal vor! Wie können wir das einfach so hinnehmen?

Martin Häusler: Unsere entscheidenden Jahre Welche Grenzen überschritten sind, wo wir noch gestalten können, wer uns daran hindert 240 Seiten, gebunden 26,00 € (D) / 26,80 € (A) ISBN 978-3-5890-604-4 Erscheint im März 2024

Wie entstand die Idee, darüber ein Buch zu schreiben?

Ich merkte, dass ich nach meinem jüngsten von Eckart von Hirschhausen herausgegebenen Buch über die Nachhaltigkeit, das sehr durch Ästhetik, unterhaltsame Aufklärung und Impulse für Eigenengagement bestach, eine Schippe drauflegen muss. Angesichts der immer weiter steigenden Emissionsmengen, Plastikmüllmengen, Pestizidmengen etc. wuchs in mir der Gedanke, den Menschen sagen zu müssen, dass nicht sie die große Last der Weltrettung tragen müssen, sondern in erster Linie die Konzerne, die Topmanager und die von ihnen lobbyierte Politik. Das oft gehörte „Jeder kann etwas tun“ ist sicher richtig, aber das Verweilen dabei gefällt vor allem den Konzernen. Denn es lenkt von ihrer Verantwortung ab.

Was war dabei die besondere Herausforderung?

Bei all meinen Büchern steht ganz vorn der Gedanke, kein konventionelles Sachbuch zu schreiben. Gerade Bücher aus dem Ökologie-Kosmos gibt es derzeit genug, viele werden schnell langweilig, außerdem hasse ich Redundanz. Es geht also darum, Thema und Thesen so zu inszenieren, dass sie die Leserinnen und Leser packen – im Verstand und im Herzen. Deshalb habe ich mich für eine Sprache entschieden, die wissenschaftliche Sachlichkeit und persönliche Emotionalität kombiniert. Und mit einem bewährten Optikteam sorgen wir für wieder für einen außergewöhnlichen Look, indem wir beispielsweise die Helden und die Täter illustrieren.

An welche Leserschaft richtet sich das Buch?

An alle. Denn es braucht alle, um Druck auszuüben und die Vernichtungspolitik der Konzerne zu stoppen. Ich habe das Buch ganz bewusst in einer Form geschrieben und inszeniert, mit der alle in ihrem Alltag abgeholt werden. Ich zitiere zwar viele (schockierende!) Studien, aber ich denke, sie so heruntergebrochen zu haben, dass sie jeder mit sich und den Symptomen eines geschundenen Planeten in Verbindung bringen kann. Sicherlich greift das Cover diejenigen Menschen auf, die bereits engagiert und umweltbewegt sind, aber es will auch mit dem Bild des Tauziehens verdeutlichen, dass an dem einen Ende des Taus eigentlich nur wenige Manager ziehen, während an „unserem“ Ende die überwältigende Mehrheit eine irrsinnige Kraft ausüben kann.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler es im Laden ideal verkaufen?

Dass es – meines Wissens – derzeit kein Buch gibt, das die Plünderung unseres Planeten derart auf den Punkt bringt und den Fokus derart klar auf die Täter ausrichtet. Und kein Buch erinnert so unerbittlich daran, in welchem wirklich erschreckenden Ausmaß gerade Mensch und Natur für Milliardengewinne geopfert werden. Der Appelativ dieses Buches ist hoffentlich so stark, dass er die Menschen aktiv werden lässt.

Welche drei Wörter beschreiben das Buch gut?

empörend, mitreißend, bewusstseinsbildend

Wie sähe ein Schaufenster zum Titel aus?

 Der Titel könnte vor einer der legendären Fotografien aufgestellt werden, die unsere Erde zeigen, wie sie in der Schwärze des Weltalls schwebt. Astronauten sprechen von einem „Overview-Effekt“, der eintritt, wenn einem im Orbit Schönheit, Verletzlichkeit und Begrenztheit unseres Heimatplaneten bewusst werden. Dieser Effekt sorgt für einen Bewusstseinswandel und einen anderen Umgang mit unseren Ressourcen. Den brauchen auch wir am Boden gebliebenen dringend, um die jetzt vor uns liegenden entscheidenden Jahre positiv zu gestalten.

Welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie dennoch gerne beantwortet? Hier können Sie dies nun tun: Wenn das Buch eine solche Empörung wecken könnte, hat die Recherche und das Schreiben Sie selbst emotional mitgenommen?

Absolut. Ich musste zwischendurch immer mal wieder pausieren, so angefasst war ich. Man ist so entsetzt. Man wird so wütend. Ich habe dann Wissenschaftler kontaktiert, die sich ihr ganzes Leben mit der Umweltzerstörung auseinandersetzen, um zu erfahren, wie sie selbst emotional mit diesen erschreckenden Fakten umgehen. Manches davon zitiere ich.

 

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