Tag 4 von 6: Comic Walkabout und 42 % Ähnlichkeit Der Messe-Mayer Frankfurt 2023: Freitag

 

Liebe Freunde,

 

am heutigen Freitag haben wir die Zivilbevölkerung eingelassen, Tageskarte reicht. Die Fachbesucher waren nicht mehr unter sich. Es wurde nicht nur voller und lauter, sondern natürlich auch verrückter:

Diese Schlange ist weder Sebastian Fitzek noch dem neuesten TikTok-Wunder gewidmet. Sondern diese jungen Leute stehen an für:

 

Begehrte Farbschnitte.

 

Der neue Trend, der ein gutes von einem uninteressanten Buch trennt, ist der fabrige Buchblock, der Farbschnitt, der ein Muster ergibt oder ein Bild zeigt. Neue Trends sind ja nicht immer nur vollständig gut, und so bejammern wir das auch gerne als neuesten Blödsinn.

Aber diese Warteschlange zeigt, dass Kundinnen und Kunden diesen Blödsinn weitaus ernster nehmen, als wir dachten.

 

Aber dann gibt es wieder freudvolle, kleine Dinge, so wie z.B. den schönsten Namen für einen Verlag:

 

Ich würde auch einen ganzen Verlag um einen coolen Namen drumherum gründen.

 

Halten wir also auch heute wieder die Augen offen und die Herzen weit. Wir haben’s bald.

 

Comic Rundgang, guided Tour

 

Ich beginne meinen Tag mit einem Walkabout! Die Frankfurter Buchmesse bot einen Rundgang durch den Comicbereich an: Orientierung in einem aufsteigendem Segment; Zielgruppen und Angebote. Und da war ich neugierig, denn meine eigene Wahrnehmung des Fachbereichs Comics auf der Frankfurter Buchmesse ist nämlich eher:

Wo soll der denn sein, bitteschön?

Vor Jahren wimmelte es auf der Messe vor CosPlayern, und wir hatten eine ganze Halle voller Angebote, in der sich die Comicwelt bündeln konnte.

Das ist alles weg. Oder eingedampft, oder auf jeden Fall nicht mehr gebündelt: Die CosPlay-Meisterschaft findet nach wie vor statt, nur eben ohne Anlauf, Aufwand oder Merch. Zuletzt war von der Comicwelt nicht viel mehr übrig als eine hintere Ecke in Halle 4, und irgendwann war auch das alles weg.

Die deutschen Verlage bieten ihre Comics heute am eigenen Stand an. Im Lizenzbereich der Auslandsverlage sieht man zwar mehr Comics als in der ganzen Halle 3.0, aber der Lizenzbereich der Auslandsverlage ist nun nicht gerade der Bringer für einen Messebesucher auf der Suche nach Comics.

Es ist also alles ein wenig verschütt, und in diesem Kontext macht die Guided Tour auch Sinn: Um diesen Zustand zu ändern, müssen wir ihn erst mal besichtigen. Ja, im Comicbereich haben wir im Moment auf dieser Messe in Wahrheit gar nicht so viel zu bieten, aber das bisschen wollen wir wenigstens anpreisen.

Oder lassen Sie es mich so sagen: Die Führung war wirklich sehr gut, aber es sagt viel, dass sie überhaupt nötig ist.

 

Der Carlsen-Verlag hat gerade das Mikro, aber Birgit Fricke (links) führt durch die Tour

 

 

Alan Moores Killing Joke als Wanddeko in der Auslandshalle

 

…oder besser gesagt: in der an tollen Comic-Motiven absolut nicht armen Auslandshalle.

 

Eine Dame war dazu abgestellt, die Gruppe beisammen zu halten, damit niemand verloren geht. Aber weil ich dauernd den Weg verließ oder stehen blieb, war sie eigentlich zu 100 % damit beschäftigt, mich herbeizuscheuchen.

Aber wenn ich doch Leute aus meinem Heimatdorf treffe!

Bärbel Tárai vom Büchermeer und ihr Kardiologe

 

 

Ganz im Ernst: Diese Frau hat meine Öhrchen vor fast einem Jahrzehnt handgenäht. Und heute treffen wir uns bei diesem Rundgang!

 

Und ich habe sie nicht gefragt, wie sie heißt.

 

 

Die ausländischen Comicverlage waren zwar gebündelt, aber abseits. Wer sucht denn Comics in Halle 6?

 

Obschon es sich lohnen würde.

 

Doch wir Comicsammler sind eher selten auf französische und italienische Exemplare aus.

 

In Halle 3 bekommen wir aber auch deutschsprachige Comicverlage vorgestellt. Reprodukt & Kibitz sowie Cross Cult, Carlsen, Loewe (Loewe?) (doch) sind ein guter Anfang. Aber sie sind keine Comic-Frontlinie.

 

Bei Cross Cult werden anspruchsvolle Erwachsenencomics verlegt.

 

Miyazakis erstes Buch in Deutschland! Ghibli-Fans dürfen sich freuen!

 

 

Oh, hier fordert man mich heraus, meine Hand in ein garstig Loch zu stecken:

Würmchen? Erkenntnis? Ich verstehe immer nur Fruchtgummi.

 

 

Baumbild mit Gruselloch!

 

Moment mal – da ist wirklich ein Loch!

 

…in das ich einfach mein Kameraobjektiv hineinfahren lasse…

…und lauter Unverdautes erspähe.

 

 

Ich will mich mal bedienen. Keine Ahnung, wie lange diese Tour noch –

 

AAAAAAAAAAAAH! MEINE HAND! MEINE HAND!

 

Hahaha, war nur ein Witz. Ich danke sehr für die Comictour, und ich bin sehr gespannt, wie sich Frankfurt im Comicsegment positionieren will. Frankfurt will kein Leipzig sein, aber was Comics angeht, ist Frankfurt im Moment ja nicht mal Frankfurt.

Ich behalte das im Auge.

 

Verlage: meine eigene unguided Tour

 

Bei Limbion Books wünscht man einen Schnappschuss…

 

…weil ich aussehe wie das Verlagslogo.

 

Dafür wünsche ich mir von Limbion Books, dass ich deren Axolotl mal halten darf:

 

Extra für Bodo Föhr.

 

Bei Droemer Knaur treffe ich meine drei Lieblingstreffleute genau in der richtigen Reihenfolge:

 

Markus Heitz taxiert meine Ohren, und ich gucke einfach nur in die Luft.

 

 

Keine Ahnung, was hier schon wieder los war:

 

Von rechts nach links: Matthias Kuhlemann, der Dings und drei Gekrönte

 

Aber meine Krönung ist ja immer, wenn ich Ursula Poznanski flankieren darf:

 

Und ich darf.

 

 

Als Journalist arbeite ich für die Genossenschaft, der mein Magazin gehört; als Buchhändler bin ich Mitglied in dieser Genossenschaft, die meinem Laden erhebliche Vorteile und grundsätzliche Rückendeckung verschafft: Die eBuch-Genossenschaft.

 

Ich erwähne es nur wegen dieser formschönen Glasflasche, die man als Mitglied erhält.

 

 

Am Gemeinschaftsstand der Kalenderverlage wollte ich endlich mal ernsthaft arbeiten und beispielsweise Kalender bestellen, aber Bernhard Fetsch hat das völlig missverstanden und stellt mir eine Quiche hin.

Esse ich sie halt.

 

Anke Simon ist gerade dabei, Kalender in einem Backstagequadratmeter umzuschichten:

Klimt ist immer schön anzusehen, aber hierbei auch keine Hilfe.

 

Aber weil es mich beim Essen stört, wenn Frauen schwere Kisten wuchten müssen, erledige ich das schnell selber.

 

Und so habe ich doch noch ernsthaft gearbeitet.

 

 

Kinder, wie die Zeit vergeht:

 

Bei Hädecke ist es jetzt 1978 bis 1993!

 

Es bleibt ein täglicher Hingucker, ein Running Gag, eine Reise durch die Zeit: Jeden Tag wird bei Hädecke umtapeziert, um die jeweils nächste Verlagsphase zu illustrieren.

 

Ab morgen muss es dann wieder besser werden.

 

 

Julia Graff vangoght!

 

 

 

Bei Oetinger will ich Teil der Bilderrahmenwand werden, während Tanya Stewner versucht, Alea-Aquarius-Bände zu signieren. Das klappt beides nur mäßig.

 

Kommt jetzt drauf an, wie man „klappt“ definiert.

 

Jedenfalls kann man nicht in Ruhe signieren, wenn solchermaßen Gekasper am Rande des Gesichtsfeld geschieht.

 

Man kann sehen, wie Frau Stewner versucht, nicht zu lachen.

 

Und hier ist aber das Happy End:

Thilo Schmid schenkt meiner Praktikantin einen signierten Band von Cornelia Funke anstatt von Tanya Stewner.

 

 

Und Otfried Preußler wird 100: Das große Jubiläum bei Thienemann schlägt sich natürlich nieder mit Pomp und Tanz!

 

Pomp…

 

 

…und Tanz.

 

 

Interview mit Thorsten Schleif

 

Thorsten Schleif ist nicht nur Richter, sondern Nerd, und vor allem: er kann es nicht trennen. Bei Heyne hat er ein Taschenbuch komplett über Nerd-Themen herausgebracht, von Todesstern bis Zeitreise, von Hogwarts bis Lichtschwert – und er hat sie alle juristisch beleuchtet. Darf man eigentlich Zombies töten? fragt Richter Schleif, und wir fragen ihn auch.

 

In Notwehr schon, aber nicht einfach so.

 

 

BuchMarkt: Können Sie denn noch ins Kino gehen, ohne alles durch die juristische Brille zu betrachten?

Thorsten Schleif: Ich muss zugeben, es passiert relativ häufig, dass ich beim Fernsehen pausiere, weil ich mir etwas notieren will, was unmittelbar mit der Handlung und mittelbar mit dem Gesetz zu tun hat – aber nicht bei jedem Film.

BM: Und über Film und Fernsehen hinaus? Gehen Juristen durchs Leben und gleichen innerlich ständig alles ab mit geltendem Recht?

TS: Am Anfang schon! Mit der Zeit wird das weniger. Aber am Anfang stehst Du schon im Laden und denkst nach: Kommt da jetzt ein Kaufvertrag oder ein Übereinkunftsvertrag zustande? Und das wird weniger.

BM: Ist denn wirklich alles geregelt in unserem Land, oder gibt es Bereiche, die uns überlassen sind?

TS: Es ist viel zu viel geregelt in diesem Land; und es gibt viel zu wenig Bereiche, die uns überlassen sind.

BM: Zum Beispiel?

TS: Wo nicht, müsste man ja eher fragen. Wenn wir nur das Thema Heizung erwähnen –

BM: Themawechsel! Sind die „Fälle“ in Ihrem Buch ausschließlich Vorschläge gewesen, oder haben Sie sich auch selbst welche ausgedacht?

TS: Gemischt. Es sind auch eigene dabei, auch welche von meinen Töchtern. Die sind neun und elf und für Harry Potter zuständig.

(In der Zwischenzeit möchten andere Verlagsmitarbeiter unseren Tisch haben, weil der reserviert sei, aber wir haben sie an einen anderen, ohnehin freien, verwiesen.)

BM: Das war jetzt wieder ein Fall, wo zu wenig reglementiert wurde!

TS: Und damit kommen wir so schlecht zurecht. Anstatt situativ zu reagieren und einfach einen freien Tisch zu nehmen, werden erst alle Reglements abgeklopft.

BM: Ist das etwas typisch Deutsches?

TS: Ja. Und es ist ein Problem, dass unsere Gesetze genau so gemacht werden: immer mehr verschachtelt, immer weiter verzweigt. Das über 100 Jahre alte BGB ist so ein großartiges Gesetzbuch, das hätte man nie erweitern müssen. Das ließ sich auch so auf alle heutigen Internetverträge anwenden. Und so muss ein gutes Gesetzbuch sein: Dass es immer wieder zur Anwendung kommen kann, ohne dass es um hunderte von Paragraphen erweitert werden muss.

BM: Haben Sie schon Ideen für weitere Bände? Diese ganzen Popkultur-Referenzen fand ich so inspirierend, dass ich mich selber fragte, welche Fälle ich reizvoll fände.

TS: James Bond fehlt da, Indiana Jones fehlt da. Wir hatten mehr geplant und dann tatsächlich wieder Sachen rausgenommen. Black Widow und den Hulk wollte ich gerne noch dabei haben.

BM: Die juristische Ebene von Superhelden-Kollateralschäden war ja sogar ein Handlungsstrang der Civil-War-Filme und Comics der Avengers. Hat Sie das gefreut?

TS: Ja, ich dachte so: Endlich sagt das mal jemand! Wer kommt denn für solche Schäden auf, wenn die da kämpfen und Teile der Kommune zerstören?

BM: Gibt es noch andere Überschneidungen zwischen einem guten Drehbuch und einer Rechtsfrage?

TS: The Walking Dead stellt ja ebenfalls tatsächlich die Frage, welche Instanzen nach einer Apokalypse das Handlungs- und Entscheidungsrecht hat, wenn die Exekutive erst mal zusammenbricht. Gilt wieder eine Art Urrecht, wenn der Staat als Gebilde zunächst zerfällt? Dieser Komplex ist hochspannend in der Serie umgesetzt.

BM: Sind die Fahrlässigkeiten an einer Schule wie Hogwarts nicht ein eigenes Buch wert?

TS: Absolut. Die fliegen da in 50 Metern Höhe auf Besen, ohne Gurt. Ohne Helm.

BM: Die Kompetenzüberschreitungen und Anmaßungen im Fall Hotzenplotz: Wer darf den denn nun fangen und einsperren? Und wohin?

TS: Super Idee. Oder wie wäre es mit dem Krümelmonster? Mundraub, der in Sachbeschädigung übergeht, weil das Monster ja auch Nonfood verstoffwechseln kann.

BM: Wieviel Unfug bekommen wir duch Gerichtsszenen in Film und Fernsehen eingetrichtert?

TS: Das kommt darauf an. Die vielen Überraschungszeugen sind total übertrieben, das ist Quatsch. Aber beim Kollegen Alexander Holt beispielsweise sind die Fälle und die Lösungen hervorragend aufgearbeitet! Bei den amerikanischen Serien ist das Problem erst einmal, dass man in den USA ein ganz anderes Rechtssystem hat.

BM: Es gibt nur einen einzigen Superhelden, bei dem es thematisiert und problematisiert wird, dass er dem Staat nicht den ersten Schritt überlässt.

TS: Batman natürlich. Der hat eine interessante Entwicklung durchgemacht, weil die Polizei ihn einerseits sogar ruft und damit eine Art Amtshilfe oder Amtsübertragung einleitet. Aber es wird dann problematisch, wenn er das Recht in die eigene Hand nimmt. Batman funktioniert in seiner Grauzone ja am besten. Deshalb haben Verbrecher ja vor ihm mehr Angst als vor der Polizei.

BM: Sind solche Übertreibungen und Fantastereien dazu geeignet, reales Wissen zu vermitteln? Lernt man Gesetze leichter, wenn man sie auf diese Weise lernt?

TS: Auf jeden Fall. Es macht das Recht anschaulich und greifbar, und das gefällt dem Gehirn besser.

 

Richter Schleif: Darf Donald Duck eigentlich ohne Hose herumlaufen?

 

 

Messe-Selfies mit Messemenschen

 

Fangen wir mit dem Christoph an, denn der wollte wirklich nur in Ruhe bei Tessloff stöbern, und ich überfalle ihn da mit meinen blöden Ohren!

 

Christoph Biemann von der Sendung mit der Maus

 

 

Rolltreppenfans unter sich: Michelle Sattinger von Hörbuch Hamburg

 

Wann und warum habe ich mir eigentlich auf dieser Messe einen Hochdaumen auf Fotos angewöhnt?

 

Thomas Böhm und Gesa Ufer

Doch, das scheint ein Aquarium auf meiner Krawatte zu sein.

 

Habe endlich mal Patrick Musial getroffen! Den lieben Kollegen aus Recklinghausen kenne ich sonst nur über Facebook.

Leute nachträglich analog kennenlernen: Das geht auch nur heutzutage.

 

Bei Libri treffe ich meinen Betreuer, äh, Kundenbetreuer Ronald Voigt.

 

Moment – Happy Hour vor 15.00 Uhr? Das kann nur eine Preisverleihung oder ein Geburtstag sein!

 

Und wer spaziert hier über Messe, halb entspannt, halb wehmütig? Der frisch zurückgetretene Direktor der Leipziger Buchmesse, Oliver Zille!

Halb belästigt, habe ich vergessen.

 

 

Zum Geleit

 

Und das war mein Freitag: Vollgepackt mit Begegnungen, abgeräumt die Getränke. Heute war soviel los, dass ich mich nur noch verschwommen an Bernhard Fetschs Quiche erinnere. Für das Wochenende muss ich mir echt etwas mehr Essen und aber noch weniger relevante Informationen vornehmen.

 

Immerhin weiß ich nun, dass ich eine immerhin 42prozentige Ähnlichkeit zum ersten olympischen Marathonsieger Spyridon Louis habe.

 

Das liegt sicher nur an der Feder am Hut.

 

(Und das ist ja immer noch besser als die armen Frauen vom Usborne-Verlag, mit denen ich ja 100 %  Übereinstimmung hatte.)

 

Verzeihung.

 

Jedenfalls: Morgen wird es richtig, richtig voll. Der Samstag fühlt sich wie ein letzter Anlauf vorm Endspurt an, und so freue ich mich auf ihn.

 

Schon früh am Tag fotografiert, wusste ich: Das wird mein Schlussbild.

 

Haben Sie einen schönen Tag!

Ihr

Matthias Mayer

herrmayer@hotmail.com

 

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