Der Messe-Mayer Tag 1 von 6: DIENSTAG - Aufbau & Presse Der Messe-Mayer: Wir sind alle zurück oder fast

 

 

Liebe Freunde,

 

willkommen zur ersten Internationalen Frankfurter Buchmesse! Also zur ersten, die endlich wieder richtig stattfindet. Wir sind alle wieder da! Fast.
Fast da, und nicht mehr ganz alle.

Aber blicken wir nach vorne, am besten mit einem Rückblick: Vor einigen Jahrzehnten erfand der legendäre Christian von Zittwitz den Messe-Mayer. Deshalb haben wir Zittwitz auch zu den Elchen geschickt.

Er hieß mich mit einer Kamera die Menschen belästigen und alles verhöhnen, was ich nicht begreifen konnte. Keine Ahnung, warum das funktionierte.

 

Aber er hat es so gewollt.

 

Dann kam der ekle Virus:

 

(Modelldarstellung)

 

Und drei Jahre später ist jetzt. Ich weiß, was Sie jetzt denken: In diesem Kostüm steckt sicher Oliver Zille drin. Aber das können Sie ihn nächstes Frühjahr selber fragen.

Einige haben sich in diesen drei Jahren gar nicht verändert. Andere wiederum sehen sogar jünger aus, perverse Laune der Natur, Ihr verdammten Keanus! Wieder andere sind schlagartig vergreist, merken aber gottlob kaum etwas von ihrem Verfall.

 

(Modelldarstellung mit Zweitmaul)

 

Und kaum guckt man mal kurz weg, zieht Mainhattan gleich wieder neue Hochhäuser aus dem Beton:

 

Die beiden waren doch letztes Mal noch nicht da! Und warum liegt hier überall Stroh rum?

 

Anscheinend müssen auch die Hallenarbeiter erst wieder lernen, wie man buchmesst: So jedenfalls nicht.

 

Leute! Preßspahnplatten in den Regen legen??? Die könnt Ihr WEGSCHMEIßEN!

 

 

Apropos Preßspahn:

Die Konferenz fürs Presswesen

 

Die Presse-Konferenz ist das Entrée, das Aushängeschild und das Klingelschild der Messe. Also zumindest die wichtige am Anfang. Es gibt natürlich noch viele andere Konferenzen, die aber kein Entrée sind, sondern eher Salat, Quark oder Soße.

Normalerweise zeigt man dann solche Fotos von Direktoren, Vorsteherinnen und Ehrengästen:

Karin Schmidt-Friderichs, Mohsin Hamid und Juergen Boos

 

Aber weil das hier der Messe-Mayer ist, zeige ich Ihnen lieber solche Fotos von Direktoren, Vorsteherinnen und Ehrengästen:

„Wie funktioniert denn so ein Stuhl?“ / „Ich hatte lange keinen Kürbis!“ / „Ich notier nur grad die Bestellung.“

 

Nein, die wahre Geschichte hinter diesem Foto ist: In dreißig Jahren Buchmesse habe ich noch nie gesehen, wie Direktoren und Vorsteherinnen den Ehrengast ebenso artig wie live um eine Widmung bitten.

 

Das ist ja wohl ein Fall fürs Schaufenster am Donnerstag!

 

Die großen Themen der Konferenz waren endlich mal nicht Urheberrechte und Meinungsfreiheit, sondern Krieg und Inflation. Verstehen Sie mich nicht miss: Krieg und Inflation machen mir große Angst, aber ich war erleichtert, nur ein einziges Mal nichts über Urheberrechte und Meinungsfreiheit zu hören.

Ebenfalls Schlagwort der Eröffnung: Diversität! Dass ich nicht lache. Wenn diese Messe eine Sache ganz bestimmt schon immer war, dann divers. Was hat sich geändert, dass wir es heute erst erwähnen?

Aber Karin Schmidt-Friderichs sprach sich auch gegen Clickbaiting und Trolle aus, und ich hoffe mal, sie meint damit nicht mich.

(AMAZON HASST DIESEN TRICK!)

Das gab es ebenfalls vor drei Jahren noch nicht: Man kann das Gendersternchen jetzt hören! Souveräne Redner sprechen „Zuhörer*innen“ so aus, als handle es sich um das Gegenteil von „Zuhörer außen“, und ich denke, das wird salonfähig.

Mohsin Hamid war ein charismatischer, origineller, kluger Ehrengast. Und unsere Key Note Speakers waren ja immer herausragend, bis auf Coelho natürlich. Aber Hamid hatte wirklich ein paar ulkige Dinge zu sagen, wie zB. dass das Buch eine „klickfreie Technik“ sei.

Wie immer präsentiere ich mit großer Freude die dämlichste aller Abschlussfragen, denn am Ende dürfen wir Journalist*innen ja immer Fragen stellen: Warum denn in der heutigen Pressekonferenz nicht vor rechten Verlagen gewarnt wurde, ob das denn gar kein Thema mehr sei?

Und Boos so: „Wir haben bessere.“

 

Juergenboosing like a Boss

 

 

Der spanische Gastpavillon

 

Dass die Spanier unseren Pavillon so souverän wie kreativ meistern würden, war ja eigentlich abzusehen, Ihr wilden, poetischen Iberer. Am schönsten ist der Pavillon immer am schwersten zu fotografieren; und dieser Traum aus Gazelabyrinthen und Blendlichtern muss ohnehin erlebt sein und nicht fotografiert.

 

Ich mach das trotzdem grad mal eben:

 

Was ist das? Wo kommt das Licht her? Am besten nicht direkt hinei-

 

 

Ach, hübsch.

 

 

Bin ich in einem Ingmar-Bergmann-Film? Kommt gleich der Tod und will mit mir Schach spielen?

 

Und dann das Kontrastprogramm:

 

Der Overall und die Stiefel sind nur Zufall; ich meine die LED-Wand.

 

 

Die Sitz- und Lümmelwürste fand ich am besten:

 

Aber vielleicht sollte ich sie anders nennen.

 

Wie darf ich das denn verstehen? Ich freue mich zwar über Fred Clever („Mortadelo“)…

…aber Fix (und Foxi) und Felix (the Cat) stammen beide nicht aus Spanien.

 

Und hier haben wir das offizielle Maskottchen der diesjährigen Messe:

 

Das kommt mir tatsächlich spanisch vor.

 

Aber ich kenne es vom Plakat!

Also von hier aus sieht es aus wie El Micky Maus.

 

 

Ich beende meinen Rundgang durch den spanischen Pavillon mit dieser rätselhaftesten aller Installationen:

 

Unbesetzte Kaffeetheke

 

 

Herumstreunen

 

Bis es um 17.00 Uhr den Fassanstich gibt, dessentwegen ich easy auf König und Königin von Spanien verzichte, will ich schauen, was sich auf dem Gelände tut. Dafür, dass die Messe erst morgen beginnt, ist die Freude umso größer, wenn man Menschen trifft und nicht nur Holger Ehling.

Bis 24.00 Uhr muss alles fertig sein, es herrschen Zeitdruck und Anspannung.

 

Außer beim Sternensand-Verlag, die waren als erste fertig. (Gibt es halleninterne Wetten?)

 

Ebenfalls nicht aus der Ruhe zu bringen: Ira Zeitzen und Annette Jung von Dorling Kindersley.

 

(Marketing & Vertrieb)

 

Typisch für die Messe am Pressedienstag: Stehende Interviews vor prahlerischer Kulisse.

Erwischt: Mohsin Hamid. Klickfreie Technik Buch, Sie erinnern sich.

 

Das ist der BuchMarkt-Stand vor seiner Auspackung, links meine Redakteurin Susanna Wengeler und ich daneben. Was für ein Poser ich bin. Wie ich dastehe und strahle! Und wenn das Foto gemacht ist, gehe ich weg und lasse Frau Wengeler völlig allein mit dem ganzen Gerümpel.

Hahaha, ich bin schon ein Sunnyboy.

 

 

Nun ist Julia Graff ein Name, der in unserer Branche einiges kulinarisches Gewicht hat. Preisgekrönter Kochbuchverlag Hädecke, Brezelprovider beim Fassanstich seit Jahrzehnten. Und was haben wir beide für ein Glück:

 

Sie hat ein Brötchen übrig, das schon zu alt ist für den Restmüll, und ich habe Hunger! Win Win!

 

Wenn man drei Jahre nicht hier war, dann sind Namen nicht sofort parat, wenn man sich begegnet, obwohl Herr Sundermeier vom Verbrecherverlag und ich uns seit Jahren kennen. Also mindestens seit vier.

 

„Ach, der Dings, äh, der Herr Verbrecher!“

 

Jörg Sundermeier war aber mit „der Herr Verbrecher“ sehr einverstanden.

 

Auch ein schöner Schuss: Meyer und Mayer vom BuchMarkt.

(Also nur einer hat einen Schuss.)

 

Und wen trifft man hier draußen unter der Rolltreppe zu Babel? Den eBuch-Vorstand! In Wahrheit sind die alle mit auf dem Foto, das just von Julian Müller gephotobombt wird:

 

Insgesamt eigentlich ein schönes Motiv, in etwa die Hartz-4-Version der Brooklyn Bridge

 

Und dann das.

Lustig ist ja, dass Julian Müllers Photobomb-Blick seinerseits von Mirjam Mustonen (Kiepenheuer) gephotobombt wird.

 

Haaaach, Messe. Wie mir das gefehlt hat: Leute, die Leute angucken, die gucken.

 

Hier noch mal die Festival-Version des gleichen Motivs.

 

Dass die eBuch den BuchMarkt gekauft hat, ist übrigens für mich vor allem in einer Hinsicht hochinteressant: Ich bin der einzige Mensch auf dieser ganzen Messe, ja sogar im Universum, der zugleich für den BuchMarkt arbeitet als auch Genossenschaftsmitglied bei der eBuch ist.

Das bedeutet, dass ich jetzt Mikro-Anteile an der Redaktion habe.
Ich will den Locher.

 

 

Eine Frage, die wir nun endgültig klären können: Hat diese Messe einen Vogel?

 

Ja, hat sie. Er nistet im Fensterputz-Zugang von Halle 4.1, Ausgangsfoyer zur S-Bahn.

 

Eine Frage, die wir nun endgültig klären können: Wo lagert Droemer seine Bücher auf der Messe?

 

Die Hohlsitzmöbeltheorie erhärtet sich.

 

Eine Frage, die wir nun endgültig klären können: Welche ist unsere schönste Messehalle?

 

Na, immer die mit den tollen Wolken drüber. (Heute: Halle 3)

 

 

Altbieranstich

 

Zu den schönsten Traditionen dieser Messe gehört, dass meine Redaktion am Ende des Aufbautages immer Fassbier spendiert an alle, die davon wissen oder um 17.00 Uhr in der Nähe sind.

Die Brezeln kommen vom Hädecke-Verlag, die Gäste kommen aus dem Nichts. Und das ist ja doch das Magische an dieser Branche: Einerseits fühlt es sich an, als sei ein ganzes Jahrzehnt vergangen und zugleich, als sei es erst gestern gewesen.

 

Huch, wenn ich so auf die Uhr gucke, WAR das gestern.

 

O’zapft is

…nur hoid auf düsseldorferisch. (Foto Susanna Wengeler)

 

 

Lorenz Borsche (eBuch-Admiral a.D.) und Manfred Keiper (Buchhändler) kriegen als nächstes!

 

Noch etwas, das ich in dreißig Jahren Buchmesse noch nie gesehen habe:

 

Ne Kölsche Jung, wat Altbier trinkt

 

 

Der Justiziar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Dr. Christian Sprang, stellt sein neuestes Buch kurioser Todesanzeigen vor. Dr. Sprang will wohl unbedingt ins Schaufenster am Donnerstag.

 

Dann müssen der Herr Doktor halt auch mal die Finger vom Titel nehmen.

 

Herwig Bitsche vom Nordsüdverlag macht Werbung für sein neuestes Nashornbuch.

Zumindest hoffen wir für ihn, dass es da einen Zusammenhang gibt.

 

 

Die Graffs: Die leckerste Verlagsfamilie Deutschlands. (Foto Susanna Wengeler)

 

Die Gang!

Felix Busse, Vielflieger-Verlag, der Messe-Mayer, Maren Ongsiek vom Börsenverein, ein Berber, Peggy Sasse von Zweitausendeins. (Foto Susanna Wengeler)

 

Wie gern ich diese Leute habe. Und der grundgütige Holger Ehling ist natürlich kein Berber. Ich glaube, Holger Ehling hatte mich damals ins Herz geschlossen, als ich unter ein Foto vom Hotzenplotz geschrieben hatte „Und Holger Ehling ist ebenfalls schon da“.

Diesen Moment haben wir heute unter Missbrauch des Thienemann-Standes noch einmal beschworen und gefeiert:

Thienemann erduldet kostenlose Marketing-Installationen von Flegeln.

 

Bleibt noch, Ihnen diese peinlich große Netz-Reizwäsche für Herren vorzuführen, aber was tut man nicht alles für den Börsenverein des Deut- halt, nein, ich erfahre gerade von der Regie, dass es sich um eine Einkaufstasche handelt.

 

Das beste sind die feinschmeckerischen Blicke aus der Umgebung

Zum Geleit

Und zur selben Zeit im Congress Center, ganz ohne Bier:

Das spanische Königspaar und der deutsche Regent (Foto Markus Fertig)

 

Und das war der Aufbau- und Pressedienstag der Frankfurter Buchmesse.
Ich bin zutiefst aus der Übung, zutiefst erschöpft und zutiefst erfreut.
Jedenfalls alles zu tief. Aber Sie wissen ja: Mir ist jede Ausrede für Kaffee recht.

Apropos Verpflegung:

Ich gönnte mir heute eine Rindswurst mit vier Gramm Kartoffelsalat, zu ordentlichen Messepreisen so teuer wie vier Gramm Marihuana. Dagegen ist gar nichts auszusetzen, das nehme ich in Kauf.

 

Auch das ist ja Messe.

 

Doch was ich niemals, niemals in Kauf nehmen will und werde, so sehr ich auch ökologisch, nachhaltig und beispielhaft denken und handeln will, ist Einwegbesteck aus Rohholz. Nennen Sie mich verweichlicht.

Aber ich ertrage das Mundgefühl einer Europalette nicht.

 

Ebenfalls Erste-Welt-Probleme sind diese typischen nächtlichen Namens-Abgleichs-Mails unter Messe-Journalisten:

 

 

Ich wünsche Ihnen einen guten Messeauftakt am Mittwoch!
Schließlich haben wir heute alles für Sie schön gemacht.

Es freut sich schon auf Mittwoch

Ihr Messe-Mayer

 

 

 

 

Helden der spanischen Literatur, 1 von 6:

Don Quijote und Sancho Panza

 

herrmayer@hotmail.com

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Kommentare (4)
  1. Es ist sehr schön wieder von Herrn Messe Mayer zu lesen. Es gibt dem Menschen eine Art „Normalität“ in diesen Zeiten. Ein wenig Wehmut habe ich schon. Da ich nicht auf die Messe kommen kann, kann ich die lieben Kollegen, die mir/uns während der Pandemie digital zu „Brieffreunden“ geworden sind, leider nicht „in Natura“ sehen. Doch durch ihre Berichterstattung fühlt man sich „live“ dabei

  2. Sehr sehr schön. Endlich wieder Buchmesse und Messe-Mayer. Da macht doch eine Zugfahrt in einem ewig verspäteten Zug gleich viel mehr Spaß und ich habe mehr gelacht als heute den ganzen Tag über. Danke

  3. Hurra, endlich wieder ein Messe-Mayer! Das hat sowas von gefehlt in den letzten Jahren… Ich freue mich im norddeutschen Exil auf weitere launige Berichte von der Messe :)

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