Die zehn besten Krimis des Jahres 2008

Die Jury der KrimiWelt-Bestenliste hat aus den 60 Titeln, die es im Jahr 2008 ein- oder mehrmals unter die zehn Monatsbesten gebracht haben, die zehn besten Krimis des Jahres ausgewählt.

Keiner rennt für immer auf der Februarliste ist der Vorgänger von Richard Starks Roman mit dem Serienhelden Parker Fragen Sie den Papagei. Dieser Roman, der letzte, den Richard Stark alias Donald E.Westlake vor seinem Tod Silvester 2008 veröffentlicht hat, wurde soeben als bester internationaler Krimi mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet und wurde ebenfalls mit großer Mehrheit auf Platz 1 der Jahresbestenliste gewählt. Parker führt seit 1962 das harte Leben eines Berufsverbrechers und zählt John Banville und Stephen King zu seinen Fans. Westlake ist einer der ganz großen amerikanischen Krimiautoren, sein Werk ist bisher nur teilweise ins Deutsche übersetzt.

Nur ein deutscher Autor hat es unter die ersten zehn des Jahres 2008 geschafft: Der in Stuttgart lebende Österreicher Heinrich Steinfest mit Mariaschwarz. Natürlich sind alle anderen Titel auch bemerkenswert, aber besonders interessant ist Jean-Francois Vilars Opus magnum Die Verschwundenen, eine artistische Drei-Ebenen-Geschichte zwischen Paris 1938, Prag und Paris 1989. Eine tolle Entdeckung des kleinen Verlags Assoziation A.

Hier die komplette KrimiWelt-Jahresbestenliste:

1. Richard Stark: Fragen Sie den Papagei. Zsolnay
Pooley, Massachusetts: Parker ist auf der Flucht. Ein Einheimischer beschützt und deckt ihn. Er braucht den Fachmann, um seine Ex-Arbeitgeber zu berauben. Groteske Profi-und-Amateur-Geschichte. Comeback von Altmeister Stark mit Parker, einem der coolsten Verbrecher der Krimigeschichte. Jubel.

2. Martin Cruz Smith: Stalins Geist. C. Bertelsmann
Moskau/Twer: Wahlkampf. In der Metro ward er gesichtet, in Twer soll er auf dem freien Feld erscheinen: Stalin. Unter Väterchen Putin sammeln sich derweil die nationalen Kräfte: Kriegsverbrecher, amerikanische Wahlkampfberater, Auftragskiller. Nur Arkadi Renko hält stand. Ein (Alb-)Traum von Politthriller.

3. Heinrich Steinfest: Mariaschwarz. Piper
Hiltroff/Wien/Mailand: Vor drei Jahren wurde Töchterchen Clara entführt. In Hiltroff, im marienschwarzen See, liegt die Zeugin der Entführung, skelettiert. Vinzent Olander, trauernder Vater, und Chefinspektor Lukastik suchen ein Kind und finden Löcher im Universum. Krimi wunderbar. POW!

4. Peter Temple: Shooting Star. C. Bertelsmann
Melbourne: Anne Carson, 15, ist gekidnappt. Das Ziel der Entführer: die Carsons demütigen, die „Kennedys von Australien“. Frank Calder vermittelt zwischen den Fronten, bis ihm die Galle kocht. Im gnadenlosen Familienkrieg hat niemand eine Chance. Temples Australien: verseucht von Hass und Gier.

5. Leonardo Padura: Der Nebel von gestern. Metro im Unionsverlag
Havanna: Mario Conde, Antiquar, stößt in einer Privatbibliothek auf das Bild einer Bolero-Sängerin. Die „Königin der Nacht“ verzauberte die Männer und verschwand 1961. Der Ex-Polizist sucht Spuren und Zeugen – eine Reise durch 50 Jahre Kuba. Padura: melancholischer, faszinierender denn je.

6. Jerome Charyn: Citizen Sidel. Rotbuch
New York: Isaac Sidel, Bürgermeister von New York, Mörder, blond und Jude, ist der Liebling der Demokraten. Er soll Vizepräsident werden, seine Popularität den Präsidentschaftskandidaten retten. Doch er muss aufklären, warum Doug Knight seinen Sohn getötet hat. Band 10 der Sidel-Saga, ohne die das 20. Jahrhundert unverständlich bliebe. Epochal.

7. Robert Littell: Die Söhne Abrahams. Scherz
Heilige Stadt Jerusalem: Der fundamentalistische Rabbi Apfulbaum wird entführt vom islamistischen Doktor Al-Shaat. Im Wettlauf zwischen Geheimdiensten und Entführer siegt die Katastrophenkonstante: der religiöse Wahn. Warum gibt es keinen Frieden in Nahost? Faszinierendes Gedankenspiel, grandioser Politthriller, schlimme Wahrheit.

8. Tom Rob Smith: Kind 44. DuMont Buchverlag
Moskau/Wualsk/Rostow: 1953, vor und nach dem Tode Stalins. Was im Sozialismus nicht sein darf, ist Staatsgeheimnis. Als Geheimdienstoffizier Leo Demidow einen Kinder schlachtenden Serienmörder verfolgt, wird er degradiert und in Stalins Alltagshölle verstoßen. Bespitzelung, Angst, Mord. Düster, faszinierend.

9. Jenny Siler: Portugiesische Eröffnung. Fischer
Lissabon/Beirut: Nach sechs Jahren Knast bevorzugt Fälscherin Nicole Blake die sichere Seite. Trozdem sucht sie im Auftrag der CIA in Lissabon ihren früheren Geliebten. Und landet im Malstrom aus Geheimdienstoperationen und Privatvendetta. Überleben im Weltbürgerkrieg: davon erzählt Siler. Einsame Klasse.

10. Jean-François Vilar: Die Verschwundenen. Assoziation A
Paris/Prag: Drei Jahre waren Victor und Alexandre Geiseln von Terroristen. Zurück in Paris, stirbt Alexandre. Victor verliert sich im hinterlassenen Tagebuch von Alexandres Vater. 1938: Surrealisten, Trotzkisten, Stalinisten. Hitler. Dreiecksgeschichten: Kunst, Liebe, Spionage. Krimi als historisches Kaleidoskop. Enorm.

Die KrimiWelt-Bestenliste wird heute auch in der Literarischen Welt, in den Literatursendungen des NordwestRadios und im Internet unter www.arte.tv/krimiwelt vorgestellt.

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