Die zehn besten Krimis im Juli/ Matti Rönkä behauptet 1. Platz

Passend zum Sommeranfang präsentiert Ihnen die Jury der KrimiWelt-Bestenliste einen Strauß Kriminalliteratur, wie er weltläufiger und bunter kaum sein könnte. Ob Alaska, Bethlehem oder Helsinki – Krimis operieren bei uns weltweit. Ob Splatter, postmodern oder realistisch – alle stilistischen Ebenen und Richtungen sind vertreten.

Besonderes Augenmerk verdienen die neuen Titel:
Mit Jenny Silers „Portugiesischer Eröffnung“ ist eine der spannendsten jüngeren amerikanischen Autorinnen wieder dabei, eine der wenigen Frauen, die in der bisher eher männlich dominierten Spionageliteratur ihren Kollegen mit einer eigenen lakonischen Sprache Paroli bietet.
Colin Cotterill hat mit Dr. Siri, einem laotischen Pathologen und Ermittler auf eigenen Faust, der zudem mit Geistern heftigen Kontakt unterhält (man erinnere sich an Conan Doyles Leidenschaft für den Spiritismus), eine neue eigene, sehr witzige Figur geschaffen. Hier sein erstes Buch „Dr. Siri und seine Toten“.
John Harvey, einer der Großmeister des britischen realistischen Kriminalromans, ist mit dem dritten Band seiner Frank-Elder-Trilogie vertreten: „Schlaf nicht zu lange“.
Michael Chabon bringt in seinem Alaska-Krimi „Die Vereinigung jiddischer Polizisten“ Raymond Chandler und Isaac Bashevis Singer zusammen (Stephen King).
Und Rex Miller hat mit „Fettsack“ von 1987 einen der ersten und zugleich bereits alle Möglichkeiten des Subgenres sondierenden Serienkiller-Roman geschrieben. Eine prachtvolle Wiederentdeckung in neuer, vollständiger Übersetzung. (Tobias Gohlis)

Hier die komplette Liste für Juli:

1. (1) Matti Rönkä: Bruderland. Grafit

Helsinki/St.Petersburg: Viktor Kärppä, Grenzgänger zwischen Suomi und Rossija, in der Zwickmühle. Den eigenen Leuten, den Russlandfinnen, will er helfen, gezwickt von Drogenfahndung und russischer Mafia. So wirre ist die Welt, dass selbst ein Elitesoldat und Leistungssportler kaum klarkommt.

2. (3) Allan Guthrie: Abschied ohne Küsse. Hard Case Crime bei RotbuchEdinburgh/Orkneys: Erst hat er Literatur studiert, dann Geldeintreiben. Mit dem Baseballschläger ist Joe Hope perfekt. Bis seine Frau damit erschlagen wird. Da muss der Loser sich auf seinen Verstand und neue Freunde einlassen. Sonst landet er lebenslang im Knast.

3. (9) Magdalen Nabb: Vita Nuova. Diogenes
Florenz: Maresciallo Guarnaccia im Gewissenskonflikt, Schicksal italienischer Polizisten: Darf er seine und seiner Kollegen Existenz riskieren? Mordermittlungen unter Neureichen versickern im Sumpf der Oberen Zehntausend. Der letzte Roman der Engländerin entzückt durch Seelenkunde, Atmo, Tiefenschärfe.

4. (–) Jenny Siler: Portugiesische Eröffnung. Fischer
Lissabon/Beirut: Nach sechs Jahren Knast bevorzugt Fälscherin Nicole Blake die sichere Seite. Bis sie doch für die CIA in Lissabon ihren früheren Geliebten sucht und im Malstrom landet. Geheimdienstoperationen und Privatvendetta. Überleben im Weltbürgerkrieg: davon erzählt Siler. Einsame Klasse.

5. (–) Colin Cotterill: Dr. Siri und seine Toten. Manhattan
Vientiane: 1976. In Laos haben gerade die Kommunisten gesiegt. Statt Revolutionspensionär wird Dr.Siri Paiboun Leichenbeschauer. Fehlen ihm Chemikalien, senden die Toten selbst die Signale. Der 72jährige lernt Maigret: furchtlos fragen. Er hat alles hinter sich. Witzig, gewieft, irregulär: der neue Laote.

6. (–) John Harvey: Schlaf nicht zu lange. dtv
Nottingham: Nur ein Freundschaftsdienst. Ex-Inspektor Frank Elder sucht nach einer verschwundenen Bekannten. Und stößt auf die Muster seines ersten ungelösten Falls. Zwei Frauen erwürgt, aufgebahrt. Bei Harvey, dem großen britischen Erzähler, verstehen wir: Tod ist Elend. Und Leben? Sehnsucht.

7. (4) Matt Beynon Rees: Der Verräter von Bethlehem. C.H.Beck
Bethlehem: Als sein Ex-Schüler George unter der Anklage verhaftet wird, ein Spitzel der Israelis zu sein, rafft sich der alte Lehrer Omar Jussuf auf, ihn zu retten. Und legt sich, trotz Husten und Rückenschmerzen, mit den lokalen Polit-Gangstern an, den Märtyrerbrigaden. Gut und Böse unter Kriegsbedingung.

8. (10) Stuart MacBride: Der erste Tropfen Blut. Goldmann
Aberdeen: Sex in a Scottish City. Ein Pornodarsteller wird zu Tode sodomisiert, der lokale Fußballstar ist ein Vergewaltiger. DS „Lazarus“ McRae trampelt durch Fettnäpfchen und wird von einem Achtjährigen verhauen. DI Steel flucht und DI Insch frisst. Grotesk, witzig, überscharf: Klasse Schotte. Zum Brüllen.

9. (–) Rex Miller: Fettsack. Edition Phantasia
Chicago: Er stinkt. Er frisst Menschenherzen, haust in der Kloake und ahnt jede Gefahr. „Fettsack“ Bunkowski, 500 Pfund, ist der Überkannibale unter den Serienkillern. Neu übersetzt. Und für super befunden. 1987 erstgeschrieben: Die Horrorfresse der USA ist Fettsack, home made. Miller heavy.

9. (–) Michael Chabon: Die Vereinigung jiddischer Polizisten. Kiepenheuer & Witsch
Sitka, Alaska: Zwei Monate vor der Auflösung des geliehenen Siedlungsgebiets, wo Jiddisch Amtssprache ist für 3 Mio. Juden, liegt Mendel Shpilman erschossen im Hotel. Der Rabbisohn, schwul, auf H, Genie, war als Messias geplant. Meyer Landsman entdeckt: Auch nur ein Jid in der Diaspora. Schrill und schön. Und kalt.

Die Juli-Ausgabe der KrimiWelt-Bestenliste wird auch im NordwestRadio (heute live mit Lore Kleinert, ca. 8:35 Uhr, und am Sonntag in der „Literaturzeit“ zwischen 15:00 und 16:00 Uhr) sowie in der Literarischen Welt vorgestellt.

Buchhändler können einen dreifarbigen Flyer mit der aktuellen KrimiWelt-Bestenliste bestellen. Kontakt: KrimiWelt, c/o asv vertriebs GmbH, Süderstraße 77, 20097 Hamburg, E-Mail: krimiwelt@axelspringer.de, Fax: 040/34 72 76 68.

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert