„Das Haupthaus steht weiterhin in Frankfurt“ Eröffnung des neuen S. Fischer – Standorts in Berlin

Am Mittwochabend feierte der S. Fischer Verlag die Eröffnung des neuen Berliner Standorts in der Rosenstraße 19 in Mitte. Die Geschäftsführer Oliver Vogel und Gerd Robertz begrüßten gut 200 Gäste, darunter Mitarbeiter aus Frankfurt und Berlin, Autor*innen, Buchhändler*innen, Kritiker*innen und Kolleg*innen aus anderen Verlagen. Die hellen, repräsentativen Räume befinden sich im 3. Stock eines Geschäftshauses am Hackeschen Markt, das auch das Instituto Cervantes beherbergt.

Sebastian Guggolz, Oliver Vogel (r.)

In einer kurzen Ansprache erinnerte Oliver Vogel an den legendären Verlagsvertreter Leo Domzalski. Als dieser sich 1957 bei Gottfried Bermann Fischer in Frankfurt bewarb, habe es geheißen: „Derzeit leider keine Stelle frei. Sie werden ja wohl nicht in Berlin arbeiten wollen!“ Aber Domzalski wollte und eröffnete ein Jahr später die erste Dependance des S. Fischer Verlags in Berlin. „Er entpuppte sich als versierter Vermittler zwischen Verlag und Buchhandel, zwischen Autor*innen und Öffentlichkeit über Jahrzehnte.“ Gottfried Bermann Fischer habe sich nach der Rückkehr aus dem Exil für Frankfurt als Standort des 1886 in Berlin gegründeten Verlags entschieden, aber Berlin sei ihm immer wichtig geblieben.

Besonders freute sich Vogel, dass fast alle Berliner Autor*innen des Hauses anwesend waren. Das sei auch einer der Gründe für den Umzug in die neuen Räume. „Wir sind hier, weil hier das Netz des Literaturbetriebs besonders dicht geknüpft ist, sagte er. Zwar habe man sich am bisherigen Standort in der Neuen Grünstraße drei Jahrzehnte lang sehr wohlgefühlt, doch nun habe man einen gut erreichbaren, zentraleren und schöneren Ort gesucht. Damit sei auch die häufig gestellte Frage, ob der Verlag vielleicht doch ganz vom Main an die Spree ziehen wird, beantwortet, so Vogel. „Das Haupthaus von S. Fischer steht weiterhin in Frankfurt und in Berlin haben wir einen zusätzlichen Standort.“

Hier steht auch der Schreibtisch von Sebastian Guggolz, der seit November 2022 als Teamleiter Klassiker das Literaturlektorat des S. Fischer Verlags verstärkt. Fürs Herbstprogramm habe Guggolz, der seinen eigenen Verlag selbstverständlich weiterführe, den Roman ICH? von Peter Flamm aus dem Fischer-Archiv gezogen, so Vogel. „Das Buch ist so aktuell, dass man staunt“, betonte er.

Ich? sei erstmals 1926 erschienen, in einer von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krisen und Spannungen geprägten Zeit, sagte Sebastian Guggolz.  „Das Heute scheint verwandt mit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Ich? lässt sich heute mit ebensolchem Gewinn lesen wie 1926. Nicht als historische Nachstellung oder als verklärter musealer Rückblick in Vergangenes, sondern über einen Umweg als Kommentar zu unserer Gegenwart. Als Spiegel für unsere heutigen Erfahrungen und Lebenswelten.“

Das Publikum hatte viel Gesprächsstoff für einen langen Abend, der an die Messeempfänge in Frankfurt erinnerte. „Wie früher“, brachte eine Besucherin die Stimmung auf den Punkt.

ml

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