Im kommenden Jahr soll ein Gedichtband folgen München: Gestern abend ein Heimspiel für Friedrich Ani

Friedrich Ani (r.) im Gespräch mit Moderator Günter Keil: Ist der Literaturbetrieb  eine einzige Lüge…

Fariza Nasri heißt eine neue bayerische Kriminalkommissarin mit syrischen Wurzeln im Werk des 60-jährigen Schriftstellers Friedrich Ani. Sie tritt passagenweise als Ich-Erzählerin in dem jedoch hauptsächlich auktorial gehaltenen 500-Seiten-Roman All die unbewohnten Zimmer (Suhrkamp) auf, den gestern der meistgeehrte Krimi-Autor Deutschlands im Literaturhaus in München vorstellte.

In seinem Mammut-Prosaunternehmen hat er zudem seine drei bekanntesten Ermittler vereint: den wortkargen Vermissten-Kenner Tabor Süden, den sensiblen Ruheständler und Todesnachrichtenüberbringer Jakob Franck und den früheren Mönch Polonius Fischer. Erst jetzt, wo sie es miteinander mit Rechtsradikalen und der Flüchtlingschance zu tun bekommen, werden bei aller Unterschiedlichkeit die Gemeinsamkeiten noch deutlicher: ihre tiefe Menschenkenntnis und ihr tiefer Respekt für die Übersehenen in unserer Gesellschaft, für versehrte Kindheiten und für den Umgang mit Worten.

Günter Keil erwies sich als einfühlsamer Interviewer und Moderator: Er stellte entscheidende Fragen beispielsweise nach dem Schweigen Tabor Südens als Ermittlungsmethode und möglichen Ähnlichkeiten in dessen Verhalten zu Ani, worauf dieser differenziert Auskunft über die Bedeutung von Kommunikation, manchmal auch der nonverbalen gab. Keil kannte sich in manchen Passagen besser aus als der Autor, der verblüfft seinen eigenen Worten aus dem Mund Keils lauschte, einem Zitat aus dem siebten Kapitel im dritten Teil: „… der Literaturbetrieb sei eine einzige Lüge; seine Kollegen wären alle nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht, lauter hinterhältige Banditen …“.

…seine Kollegen wären alle nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht, lauter hinterhältige Banditen?

Eine Nebenfigur denkt so, der Schriftsteller Wolfgang Berger, der unter dem Pseudonym Wolf Born veröffentlicht. Er zweifelt an der Buch-Szene, aber nicht Ani selbst. Dieser kündigte einen Gedichtband für kommendes Jahr und einen Kriminalroman für 2021 mit der jetzt schon sehr eigenwilligen Kommissarin Fariza Nasri an. Sie wird ohne die drei älteren Star-Ermittler ihr Bestes geben, aber deren Eigenschaften teilen: Menschenkenntnis, Respekt für Gescheiterte am Abgrund und für die Sprache.

Nicola Bardola

 

Ani_Juni_München3 600 breit.JPGAni_Juni_München4 600 breit.JPG

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert