Paul Coelho lässt seinen Roman „Die Hexe von Portobello “ auf My Space und You Tube von Lesern verfilmen

Eine gute Idee und etwas erzählerisches Geschick sind in der digitalen Welt gefragt, die derzeit viele Möglichkeiten auch für die Verlagswelt eröffnet. Beides dürfen wir dem brasilianischen Bestseller Autor Paul Coelho www.paulcoelho.com/engl/index.html, dessen Bücher auf Deutsch beim Diogenes Verlag www.diogenes.ch erscheinen, und der schon seit Jahren als aktiver Blogger http://paulcoelhoblog.com im Web unterwegs ist, durchaus unterstellen.

Zusammen mit der Netzwerk Website My Space www.myspace.com, in dem Coelho eine eigene Seite unterhät www.myspace.com/paulcoelho und der Video Website You Tube, die zum Konglomerat des Suchmaschinenriesen Google www.google.com gehört, ruft der wahrscheinlich meist übersetzte Autor der Welt nun seine Leser auf, sein Buch Die Hexe von Portobello gemeinschaftlich zu verfilmen. Sehr schön, sogar auf Deutsch, erklärt Paul Coelho in seinem Blog http://paulcoelhoblog.com/hexenprojekt/, wie es dazu kam: „… Im vergangenen Jahr habe ich immer wieder Webseiten von Lesern besucht und darauf ausgezeichnete Arbeiten von Schauspielern und Schauspielerinnen, Musikern und Regisseuren gefunden. Da dachte ich mir: Warum machen wir nicht zusammen einen Film? Obwohl ich alle Rechte am Buch habe, wäre es doch interessant zu versuchen, eine Partnerschaft mit meinen Lesern einzugehen …“.

Alle Rechte am Buch, auch das Recht das Buch irgendwann später vielleicht mit einem der großen Studios professionell zu verfilmen, verbleiben bei Coelho.

Am 16. Juni 2008, also gerade mal vor einer guten Woche, startete The Experimental Witch, wie das Projekt offiziell heißt, begleitet vom Medienrummel in über 20 Ländern der Erde. Inzwischen sind bereits neun Erzählperspektiven der möglichen 15, aus denen Die Hexe von Portobello filmisch geschildert werden soll, an die Leser vergeben. Auch am Soundtrack für den Film kann man sich beteiligen. Einsendeschluss für das Film- bzw. Musik-Material ist der 25. Juli 2008, die ausgewählten Film-Arbeiten werden mit jeweils 3000,- Euro honoriert, am 24. August soll das Ergebnis bekannt gegeben werden. Wenn es ganz optimal läuft soll aus dem Material ein ca. 50-60 Minuten Film unter Anleitung eines professionellen Regisseurs entstehen.

„Sie fragen sich vielleicht: Was bringt das alles?“ , schreibt Paul Coelho auf der Anmeldeseite. Um gleich darauf zwei Antworten parart zu haben: Die „vielfältigen Sichtweisen meiner Leser kennen lernen“ und „… ein bisschen Flimgeschichte schreiben: indem ein Film entsteht, dessen Regisseure Leser sind!“. Das mögen für Coelho selbst die Gründe sein. Zweierlei geschieht jedoch, über das Internet ermöglicht, wie von sellbst: Alle Leser, die derart in die Weiterentwicklung eines Stoffes einbezogen werden, werden wie der ehemalige Chefredakteuer von WIRED www.wired.com Kevin Kelly www.kk.org, es nennt, zu „wahren Fans“. Weltweit. Und wie wir wissen, lebt ein Autor nicht von seinen Büchern, sondern von seinen Leser. Sie zahlen. Gleichzeitig, vielleicht sogar ungewollter Weise, emanzipiert sich ein Bestseller Autor wie Coelho mit solchen Aktionen natürlich vom internationalen Buch- und Publikationszirkus. Das aus dieser Aktion erwachsende globale Netzwerk und die Ressourcen bleiben erhalten und weiterhin nutzbar. Für was auch immer.

Warum auf der Website des Diogenes Verlages nicht der kleinste Hinweis auf das Experimental Witch Projektes ihres Autors zu finden ist, bleibt rätselhaft. Symptomatisch für den Umgang der Verlagsbranche mit dem Internet ist es allemal. STEFAN BECHT stefan@stefanbecht.de

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