Anlässlich der 50. Ausgabe der Leipziger Lerche sprachen wir mit Christian Bartl im Sonntagsgespräch über den "jungen Blick auf die Branche" „Alle, die bei uns neu dazukommen, bringen ihre eigenen Ideen und wilden Träume mit, dieser Enthusiasmus überträgt sich auf die Leser!“

Christian Bartl: „Ein gewisses Minimalmaß an Treue zur Sache steht unserer Publikation ganz gut, da wir ja ohnehin regelmäßig die komplette Redaktion austauschen“

Mit der 50. Ausgabe läutete für die Leipziger Lerche, die Zeitschrift der Studierenden des Studienganges Buchhandel/ Verlagswirtschaft der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (FH) Leipzig (HTWK), in diesem Jahr die Glocke zu einem großen Jubiläum. Zweimal jährlich können die Studenten hier ihr Gelerntes umsetzen: Einmal zur Frankfurter und einmal zur Leipziger Buchmesse.  Wir sprachen mit Chefredakteur Christian Bartl darüber, was sich in „25 Jahren Leipziger Lerche“ verändert hat und was bewusst immer gleich bleiben wird:

BuchMarkt: Mit dem Vorliegen der 50. Ausgabe begeht die Leipziger Lerche ein großes Jubiläum.  Haben Sie gebührend gefeiert?

Christian Bartl: Wir haben uns zuallererst  selbst beschenkt und die Leipziger Lerche erstmalig mit einem farbigen Cover gebührend ausgestattet. So etwas geht für uns schon entscheidend ins Budget, haben wir uns aber aus gegebenen Anlass mal ohne Reue gegönnt.

Jubiläumsausgabe: Die Leipziger Lerche wurde erstmalig mit einem farbigen Cover ausgestattet

Natürlich haben wir auch unseren ganzen Eifer darauf verwendet, zum Jubiläum eine besonders ansprechende Ausgabe unter die Leute zu bringen –  das tun wir aber eigentlich jedes Mal. Man könnte also sagen, dass es eher zurückhaltend zuging. Allerdings aus gutem Grund: in der aktuellen Redaktion sind wir alle erst seit gut einem Jahr dabei. Da können wir nicht einfach für zweieinhalb Jahrzehnte erfolgreiches Publizieren nur uns selbst auf die Schulter klopfen. Stattdessen möchte ich an dieser Stelle gerne ein großes Dankeschön aussprechen an alle, die über diese lange Zeit hinweg jemals an der Leipziger Lerche mitgearbeitet haben. Und selbstverständlich auch an die Leser!

Wie kam es überhaupt zur Namensgebung? Leipziger Lerche, so heißt auch ein berühmtes Leipziger Gebäck, richtig?

Ja, ganz richtig. Ein Törtchen aus Mürbeteig mit Marzipan und Marmelade, das man außerhalb vielleicht kaum kennt und bekommt, dafür innerhalb Leipzigs bei wirklich jedem einfachen Bäcker. Der subtile Witz mit der Namensgleichheit von Zeitschrift und Backware soltle natürlich die Eingeweihten zum Schmunzeln bringen, zugleich aber auch unabhängig davon funktionieren. Die Herkunft aus Leipzig und den Singvogel Lerche im Titel zu nennen brachte ganz gut auf den Punkt, wo wir noch heute arbeiten, nämlich an der Schnittstelle von Stadtmagazin und Buchbranchenpresse. So wie die Lerchenvögel jeden Morgen ihr Leid singen, bringen wir die Neuigkeiten einmal jedes halbe Jahr. Mit dem täglichen Vogelfleiß können wir nicht ganz mithalten.

Worüber sich übrigens damals offenkundig noch niemand Gedanken gemacht hat, ist die Auffindbarkeit per google. Da führt eine einfache Namenssuche leider jetzt zuerst in die konditorischen Gefilde des Internet statt zu uns.

Wenn Sie rückblickend auf den Beginn schauen, wie sehen Sie da den Wandel? Womit ging es damals, 1994, los und wo steht die Leipziger Lerche heute?

Ich war damals ja selbst nicht dabei, jedoch haben wir für die Jubiläumsausgabe das Archiv aufgearbeitet. Unter anderem ging es mit einem ganz anderen Format los, nämlich im großen Zeitungslayout. Am Anfang wurde auch ohne spezifischen Themenschwerpunkt je Heft veröffentlicht.  Social Media und einen Blog betreiben wir als zusätzliche Kanäle erst seit ein paar Jahren. Ich könnte vieles mehr aufzählen, aber die meisten Anpassungen ergeben sich organisch. Im Kern verändert sich gar nicht so viel.

In einer der ältesten Ausgaben wurde im Leitartikel zum Beispiel gefragt: „Wie kann Leipzig wieder Literaturstadt werden?“ Diesen historisch gewachsenen Status hat die Stadt ja leider während der DDR-Zeit und spätestens seit der Wende verloren oder zumindest stark eingebüßt. Genau so könnte man das Heft auch noch heute aufmachen.

Sind Sie sich also treu geblieben?

Unbedingt. Ein gewisses Minimalmaß an Treue zur Sache steht unserer Publikation ganz gut, da wir ja ohnehin regelmäßig die komplette Redaktion austauschen. Und alle, die neu dazukommen, bringen dann sowieso jedes Mal ihre eigenen Ideen und wilden Träume mit – da legt sich inhaltlich so schnell kein Staub auf die Sache.

Wo sehen Sie dennoch konkrete Veränderungen, auch inhaltlich, die ja im Zuge der Digitalisierung etc. nicht unumgänglich sind.

Dass wir uns in einem Medienumfeld bewegen, das sich sehr stark beschleunigt hat und dies auch weiterhin tut ist im Prinzip eine Binsenweisheit.  Wir machen ein Magazin im Print.  Letztendlich aus Liebhaberei und aus der Überzeugung heraus, dass dieses Medium auf Papier über eine Qualität und Schönheit verfügt, die bewahrt zu werden verdient hat.

Trotzdem brauchen wir einen Blog, eine Digitalausgabe und Präsenz auf allen gängigen Social Media-Kanälen mit jeweils eigenen Inhalten.  Das ist ein sehr konkreter Mehraufwand, aber ganz unumgänglich im Wettstreit um Aufmerksamkeit. Gemütlich von Halbjahr zu Halbjahr kann man  –  selbst wenn der Veröffentlichungsrhythmus es eigentlich vorgibt –  im Jahr 2019 nicht mehr arbeiten. Das ist aber weniger Beschwerde als nüchterne Feststellung. Unsere aktuelle Redaktion ist ja noch jung und wir kennen es gar nicht anders.

Nach welchen Kriterien werden die Themen ausgesucht?

Unser Ansatz ist zunächst über das zu schreiben, was uns auch selbst interessiert. Ich persönlich glaube fest daran, dass sich die Neugier und der Enthusiasmus, den wir als RedakteurInnen an den Tag legen  auch auf die Leser überträgt.

In der jüngeren Vergangenheit haben sich dennoch durchweg Themen ergeben, deren gesellschaftliche Relevanz nicht von der Hand zu weisen war. Ausgaben zu Nachhaltigkeit, Vielfalt oder eine ironisch angehauchte Männer-Lerche rund um die Frage „Warum lesen Frauen eigentlich mehr als Männer?“, die damals übrigens von einer komplett weiblich besetzten Redaktion herausgebracht wurde. Ein bisschen Aktualität, ein bisschen Brisanz darf es also schon sein, auch wenn dahinter keine ausgemachte Strategie steckt.

Apropos Redaktion. Die junge Leipziger Lerche-Redaktion richtet sich – damals wie heute – an eine gezielt junge Leserschaft. Wieso?

Dazu spaßeshalber die Gegenfrage: „Wie sollten wir auf die Idee kommen es anders zu halten?“ Eine Branchenzeitschrift von jungen Menschen für junge Menschen zu machen ist für uns als „Branchenstudenten“ erstmal naheliegend. Hervorragenderweise ergibt es aber auch darüber hinaus Sinn. In den sonstigen jugendlich angehauchten Literaturmagazinen geht es in der Regel ausschließlich um die Bücher oder vielleicht noch Autorinnen und Autoren, wenig um den Branchenhintergrund. Und andere Branchenzeitschriften richten sich nur bedingt an junge Leser. Da gibt es also einfach eine Lücke, die wir mit einer passenden Ausrichtung besetzen können.

Welches Ziel verfolgt die Leipziger Lerche denn ganz allgemein in der Gesellschaft?

Diese Frage eröffnet ein außerordentlich weites Feld und ich würde gerne erstmal viel kleiner anfangen und betonen, dass es einfach ein riesiges Vergnügen ist, eine Zeitschrift zu machen, von Anfang bis Ende, und irgendwann gedruckt in der Hand zu halten. Wäre dem nicht so, wäre es äußerst mühsam, auch mit hehren Idealen im Hinterkopf. Ansonsten wollen wir natürlich eine Zukunft befördern, in der junge Menschen auch weiterhin lesen und sich für Literatur- und Lesekultur interessieren –  gerade weil sie, weil wir ja oft im Verdacht stehen, ebendas nicht zu tun. Diesen Verdacht zu entkräften ist doch ein schönes Ziel!

Wo sehen Sie die Leipziger Lerche in den nächsten 50 Jahren?

Ich hoffe sehr, dass die Leipziger Lerche dann noch immer existiert. Gedruckt, digital oder in welcher Form auch immer.

Ebenso sehr hoffe ich, dann selbst nicht mehr mitzuarbeiten, denn sonst befände ich mich in einem glorreichen 54. Hochschulsemester. Allem vorausgesetzt, dass Universitäten dann noch existieren und wir als Menschen noch auf diesem Planeten leben können.

Sie sehen, es fällt mir schwer angesichts dieses Zeitrahmens ernsthaft zu bleiben, aber der genannte Grundsatz gilt: Fünfundzwanzig Jahren Leipziger Lerche sollen gerne noch einmal doppelt so viele folgen. Dazu werden wir vor allem flexibel und ideenreich bleiben müssen. Und genau das haben wir auch vor.

Die Fragen stellte Franziska Altepost

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