Anne Bender über den Stellenwert und die Bedeutung des Vorlesewettbewerbs: „Die Kompetenzen, die hier gefördert werden, sind eine Voraussetzung, um sich in der Gesellschaft behaupten“

Anne Bender (c) privat

Der Vorlesewettbewerb ist nicht nur eine der ältesten und traditionsreichsten Leseförderungsaktionen Deutschlands, sondern bietet den Verlagen auch die Möglichkeit, das breite Spektrum von Kinder- und Jugendbüchern jenseits der bekannten Klassiker sichtbar zu machen – zum Beispiel über die verschiedenen Siegerbücher oder die Leseempfehlungen auf der Website des Wettbewerbs.

Das diesjährige Schulsiegerbuch Agnes und der Traumschlüssel ist im Carlsen Verlag erschienen. Wir haben mit Anne Bender, Bereichsleiterin Erzählende Programme, über die Bedeutung des Vorlesewettbewerbs gesprochen:

BuchMarkt: Der Roman der Finnin Tuutikki Tolonen „Agnes und der Traumschlüssel“ erscheint als Schulsiegerbuch in einer speziellen Sonderedition von 7.000 Exemplaren. Wie wichtig ist diese Aktion gerade in Zeiten, wo es immer schwieriger wird, Bücher sichtbar zu machen?

Anne Bender: Da dieser Titel an alle Schulsieger*innen des Vorlesewettbewerbs verschenkt wird, erreicht eine ganze Auflage mit einem Schlag Schüler*innen im geeigneten Lesealter. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Buch darüber hinaus an Freund*innen und Mitschüler*innen weiterempfohlen wird, ist entsprechend groß. Auch in der lokalen Presseberichterstattung ist ein solcher Titel überdurchschnittlich präsent, da der Vorlesewettbewerb und insbesondere die Gewinner*innen dort häufig zum Thema werden und Titel, Autor*in und Verlag genannt werden. Das schafft natürlich eine hohe Sichtbarkeit.

Schulsiegerbücher können Titel aus dem Herbstprogramm der Verlage werden, die Mädchen und Jungen zwischen zehn und zwölf Jahren ansprechen. Ausgenommen sind Folgetitel einer Reihe. Wie groß ist in dieser Zielgruppe die Auswahl?

Die Auswahl ist sehr groß, was beim Blick auf die Empfehlungslisten, die der Börsenverein im Zusammenhang mit dem Vorlesewettbewerb veröffentlicht, deutlich wird. Die vielfältige Titelauswahl aus unterschiedlichen Verlagen ist in Schulen, Bibliotheken und anderen Institutionen und Initiativen der Leseförderung eine wertvolle Handreichung für die Bücherauswahl für die Leser*innen der 5. und 6. Klassen und auch darüber hinaus.

Verschiedenste Studien belegen, dass in punkto Leseförderung nicht früh genug angefangen werden kann. In diesem Zusammenhang unterstützt Carlsen das Gütesiegel Buchkita. Was hat es damit auf sich?

In Kindertagesstätten, die mit diesem Gütesiegel ausgezeichnet werden, werden die Kinder von Anfang an an Bücher und Geschichten herangeführt. Vielfältige Angebote und Materialien und der selbstverständliche Zugang zu Büchern, der in den Sprachkitas eine zentrale Rolle spielt, sind von größter Bedeutung für die Sprachentwicklung. Die Kompetenzen, die hier gefördert werden, sind eine Voraussetzung, um sich in der Gesellschaft behaupten und ein Leben mit Chancengleichheit und Selbstbestimmung führen zu können.

Der Vorlesewettbewerb geht im Mai mit den Landesentscheiden in die heiße Phase, am 21. Juni findet dann das große Finale wieder in Berlin statt. Allein in den letzten zehn Jahren sind über 10 Preisbücher bei Carlsen erschienen. Welches ist Ihr persönlicher Favorit?

Sehr gefreut hat mich die Wahl von „Calypsos Irrfahrt“ als Preisbuch für die Sieger im Stadt- und Kreisentscheid des vergangenen Jahres. Cornelia Franz erzählt darin die Geschichte zweier verunglückter Flüchtlingskinder, die von einer Hamburger Familie während eines Segeltörns aus dem Mittelmeer gefischt werden. Was aus der Sicht des 10-jährigen Sohnes Oscar als aufregendes Ferienabenteuer beginnt, entwickelt sich im Verlauf einer Odyssee von Land zu Land zu einem komplexen Bild des Schicksals der geflüchteten Kinder. Durch die Klarheit und Sensibilität ihrer Darstellung öffnet die Autorin jungen Leser*innen einen Zugang zur Auseinandersetzung mit ganz aktuellen Fragen der Mitmenschlichkeit, Verantwortung und Handlungsmöglichkeiten.

Weitere Informationen zum aktuellen Wettbewerb finden sich unter https://www.vorlesewettbewerb.de/

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