Der andere Fragebogen Wie war Ihr Jahr, Tanja Graf?

Seit dem 6. Dezember 2016 (Nikolaustag) fragen wir wieder bis zum 6. Januar 2017 (Heilige Drei Könige) in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“ Heute beantwortet Tanja Graf, Geschäftsführerin des Münchener Literaturhauses,  unseren „anderen“ Fragebogen:

tanjagrafcchristianmweiss
Tanja Graf Foto: Christian M. Weiss

1.Welcher Tag war Ihr schönster in diesem Jahr?

Der 1. Juli, als ich von Reinhard G. Wittmann den Schlüssel fürs Literaturhaus München überreicht bekam.

2. Worüber haben Sie sich 2016 am meisten geärgert?

Für mich persönlich war 2016 ein rundum gelungenes Jahr. Weltpolitisch ist hingegen viel passiert, was beängstigend und für uns verwöhnte Mitteleuropäer unfassbar ist.

3. Was war 2016 Ihr schönster Erfolg?

Dass wir in der Helmut-Dietl-Ausstellung neben vielen berührenden Exponaten aus dem Nachlass sogar Fotos von Patrick Süskind ausstellen durften.

4. Und Ihr traurigster Misserfolg war…?

Dass mir am vergangenen Wochenende bei der Weihnachtsbäckerei ein ganzes Bleck Vanillekipferl verbrannt ist.

5. Ihre schönste Buchhandlung/Ihr liebster Verlag in diesem Jahr?

Wieder einmal unsere Stadtteilbuchhandlung Lehmkuhl in Schwabing und diesmal der Berliner Secession Verlag , mit vielen wunderschön gestalteten, inhaltlich engagierten und besonderen Büchern.

6. Von welchem Thema wollen Sie (warum) im neuen Jahr nichts mehr lesen?

Dass die Idee Europa in Frage gestellt wird.

7. Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?

Dass die persönliche Begegnung zwischen Leser und Autor umso wichtiger wird, je mehr wir uns im Netz bewegen. Kurz: Dass das Konzept Literaturhaus das Modell der Zukunft für unsere Branche ist.

8. Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im kommenden Jahr vermeiden?

Dass ich mir nicht genug Zeit nehme, um Yoga zu üben.

9. Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?

Ich bin ein Nachtmensch, was mir in meinem neuen Mensch sehr entgegenkommt – aber wie immer schlafe ich zu wenig.

10. Welches Buch hat Ihnen in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht?

Kein Buch, ein Manuskript: Das kalte Blut von Chris Kraus: Erzählerisch grandios und mit einem unter die Haut gehenden Thema, das jeden bewegt, der in der Bundesrepublik aufgewachsen ist. Der Spitzentitel bei Diogenes im kommenden Frühjahr und ein Roman, von dem noch zu hören sein wird.

11. Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?

Das Leben meiner Mutter von Oskar Maria Graf, ein zu Unrecht wenig bekannter Klassiker der Moderne, der im Mittelpunkt unserer großen Ausstellung im nächsten Frühjahr stehen wird. Graf schrieb dieses „Monument der Liebe“ , dieses Epos einer untergegangenen Welt im New Yorker Exil, wo sein Blick auf das bayerische Dorf seiner Herkunft „scharf wie durch ein Brennglas“ war. Einer der bedeutendsten deutschen Exilautoren, der letztlich nur eine Heimat hatte: seine Sprache.

12. Von wem würden Sie auch gerne mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?

Vom Diogenes Verleger Philipp Keel.

13. Und welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie gern beantwortet?

Wie war es für Sie nach 25 Jahren die Verlagsbranche zu verlassen?

14. Hier können Sie die auch beantworten:

Trotz meiner Leidenschaft fürs Büchermachen erstaunlich leicht.  Denn im Vordergrund steht auch jetzt die enge Zusammenarbeit mit den Autoren, für die es gilt, ein möglichst großes Publikum zu finden. Insofern ist meine Aufgabe im Literaturhaus durchaus vergleichbar mit der verlegerischen. Und das Themen-Spektrum ist weiter denn je: dafür bin ich dankbar und darauf freue ich mich.

Gestern sprachen wir mit Friederike Wehse über ihr Jahr 2016. Morgen beantwortet Oliver Lange unseren „etwas anderen Fragebogen“

 

 

 

 

 

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert