10 Fragen und 10 Antworten an Bernd Held und Mele Brink 10 Jahre Kinderbuchverlag Edition Pastorplatz

Wer sind eigentlich die Verleger des kleinen Independent-Verlags Edition Pastorplatz? Was haben sie studiert, was als Kind geliebt und welcher ihrer vielen Berufe ist ihnen der Liebste? Und was sind die derzeit größten Herausforderungen für VerlegerInnen? Bernd Held und Mele Brink verraten uns das und vieles mehr im Interview.

Was hast du ursprünglich mal studiert?

Bernd Held: Ganz am Anfang mal Nuklearchemie. Später dann noch Grafik-Design.

Mele Brink: Ich habe direkt nach der Schule mit einem Architekturstudium angefangen. Und danach begonnen, Cartoons zu zeichnen und zu Illustrieren.

Warum hast du gerade das studiert?

Bernd: Nuklearchemie, weil ich ursprünglich aus der Nähe von Wackersdorf komme (in den 80ern sollte dort eine Wiederaufbereitungsanlage für alte Kernkraftwerk-Brennstäbe gebaut werden) und weil ich Chemie immer schon spannend fand. Grafik-Design bzw. Illustration war schon zu meiner Schulzeit meine heimliche Liebe und ich hatte in den 80ern bereits für Heftromane illustriert.

Mele: Mein Studienfach war ein Tipp bei der Beratung vom Arbeitsamt. Mathe fand ich schon immer spannend, Sprachen auch und alles, was mit Kunst und Kunsthandwerken zu tun hatte.

Bist du ein Landkind oder ein Stadtkind und wie hat dich das geprägt?

Mele: Ich bin in der ostwestfälischen Provinz aufgewachsen, also eindeutig ein Landkind. Meine beste Freundin kam vom Bauernhof, mit Kühen, Wiesen, Feldern und Ferkeln unter der Rotlichtlampe – wie in Bullerbü.

Bernd: Ich komme aus einem Dorf mit knapp über 1.000 Einwohnern. Also auch eindeutig ein Landkind.

Was hast du als Kind am liebsten getan?

Mele: Als Kind habe ich recht viel Sport gemacht (Leichtathletik und Kunstturnen), gerne und viel gebastelt, gewerkelt, gezeichnet und mich mit Handarbeiten beschäftigt. Lesen war auch angesagt ebenso der Umgang mit Trompete und Klavier.

Bernd: Als kleines Kind war ich gerne draußen und habe gerne Modellbausätze gebastelt und angemalt. Später entdeckte ich, dass ich mit Zeichenstiften und Musikinstrumenten gut umgehen kann und es auch noch Spaß macht.

Welchen Beruf bzw. welche Berufe übst du derzeit aus?

Bernd: In erster Linie bin ich selbständiger Grafikdesigner und Verleger der EDITION PASTORPLATZ. Daneben und bedingt durch den Verlag bin ich Verkäufer, Marketingchef, Setzer, Druckvorlagenhersteller, Angebotseinholer, Kistenstapler, Datenbankjongleur, Messebauer und Transporterfahrer.

Mele: Vorwiegend bin ich Illustratorin im Bereich Kinderbuch, Cartoon und Comic – auch für unseren Verlag. Meine Tätigkeit als Verlegerin ist noch nicht gleichwertig. Da bin ich dann Sorgentante für AutorInnen und IllustratorInnen, Messebauerin, Buchschubse, Verkäuferin, Übernachtungsplanerin und zuständig für die Verlegerfütterung.

Welcher ist dir der liebste und warum?

Mele: Die Verlegerin ist mir schon der liebste. Da kann und muss man immer weiter lernen und ausprobieren.

Bernd: Der liebste ist mir der Verleger eines Kleinverlages, da er so wahnsinnig vielfältig ist. Letztlich muss man sich um alles selbst kümmern und lernt jeden Tag noch dazu.

Was ist die wichtigste Herausforderung für dich als Verleger heutzutage – insbesondere nach den Herausforderungen seit Corona, dem Ukrainekrieg, der Energiepreisexplosion, der Inflation …? An welcher Schraube hast du gedreht?

Bernd: Die größte Herausforderung ist, auf dem sich verkleinerndem Markt zu bestehen und sichtbar zu bleiben. Wir haben an vielen großen und kleinen Schrauben gedreht. Der direkte Verkauf über den eigenen Onlineshop, Messen und Veranstaltungen werden immer wichtiger. Der sogenannte Nebenmarkt gewinnt an Bedeutung. Der Bereich der digitalen Bilderbücher durch spezialisierte Anbieter wächst. Gleichzeitig überlegen wir mehrfach, ob wir ein Buch herausbringen oder nicht. Durch die Energie- und Papierpreiserhöhungen sind unsere Bücher auch teurer geworden. Wir vermeiden – soweit wie möglich – Überproduktionen schon im Vorfeld – was aber nicht einfach ist.

Mele: Im Moment finde ich die größte Herausforderung, weiter an einen sich tragenden Verlag zu glauben. Vor Corona – Anfang 2020 – waren wir just auf dem Sprung dazu. Und auch wenn die Umsätze gar nicht mal groß eingebrochen sind, drei bis vier Jahre auf Sparflamme zu kochen, mit weiteren Unwägbarkeiten umzugehen, den Stand der Dinge erhalten, aushalten … ohne den erwarteten „Durchbruch“, das macht schon etwas mürbe und finanziell angeschlagen. Schwierig finde ich auch die immer weiter schwindende Sichtbarkeit von kleineren Verlagen im Buchhandel.

Was war dein erstes Buch, das du verlegt hast? Und an Mele: Was war dein erstes Buch, das du illustriert hast?

Bernd: Das erste, verlegte Buch der EDITION PASTORPLATZ war „Tofuwurst – Eine Biographie“ von Mele Brink. Ein kleiner Band mit einer Art Comic über eine Tofuwurst, die sich im falschen Körper wähnt, da sie weder Fisch noch Fleisch (noch Käse) ist. Das erste Buch, dass ich gestaltet und umgesetzt habe, fällt mir schon gar nicht mehr ein, da es mehr als 25 Jahre her ist. Es muss allerdings ein Kunstbuch oder ein Ausstellungsbuch für eine Galerie gewesen sein.

Mele: Die erste richtig ‚große‘ Veröffentlichung war bei mir ein Auftrags-Kindercomic mit über einer Million Auflage, das muss etwa 2000 gewesen sein. Mir ist erst Jahre später aufgegangen, was für gigantische Auflagen das sind.

Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?

Bernd: Als Verleger würde ich gerne ein Buch herausbringen, das ein Dauerbrenner wird und sich jedes Jahr so oft verkauft, dass weder der Verlag, noch die beiden Verleger permanent am finanziellen Abgrund taumeln.

Mele: Au ja, da mache ich mit!

Für wen machst du deine Bücher? Kannst du den Käufer bzw. Leser beschreiben, an den du denkst, wenn du ja zu einem neuen Buch im Verlagsprogramm sagst?

Bernd: Ich mache Bücher für die kleinen Leser ab drei oder fünf Jahren, behalte aber die Käufer – Eltern, Verwandte oder Nachbarn – im Hinterkopf. Den Kindern darf man mehr zutrauen, als die Käufer der Bücher oft meinen. Es ist immer schade, wenn die Käufer ein Bilderbuch aussuchen, das entweder grausam bunt oder inhaltlich belanglos ist. Alle unsere Bücher haben eine abgeschlossene, durchaus anspruchsvolle Geschichte und sind adäquat farbig, aber nicht bunt illustriert. Die Illustration ist sehr wichtig im Bilderbuch. Daher darf sie zwischen traditionell bis experimentell alle Zwischentöne abdecken. Banale Inhalte findet man bei uns so gut wie nicht.

Mele: Ich denke da an kleine schon stubenreine Menschen, denen vorgelesen wird; die Spaß haben an all den Kleinigkeiten und Stimmungen der Doppelseiten; die der Geschichte lauschen, mal nachfragen, mal lachen und am Ende laut „nochmal!“ sagen; die sich ein Buch auch mal ohne VorleserIn schnappen und sich eigene Geschichten zu den Bildern ausdenken; die dann aber doch auch die „richtige“ Geschichte noch mal hören wollen und dann am besten ganz schnell auch selber lesen können wollen …

Liebe Mele, lieber Bernd, wir danken euch für das Interview!

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