Am Mittwoch hatten wir gemeldet, dass Aldi und Hofer zum Start ins Weihnachtsgeschäft wieder aktuelle Bestseller-Taschenbücher anbieten. Erneut haben wir dazu Herbert Ullmann befragt, der darin eine Stärkung des Buches – und damit der gesamten Branche sieht:
Dass ein Riese wie Aldi das preisgebundene Buch als Produkt entdeckt, mit dem er sein Image beim Kunden positiv aufladen kann, hat im Vorjahr den Buchhandel verstört.
Herbert Ullmann: Wir entwickeln und produzieren für den Discount seit 1994 Medienprodukte. Bei Aldi waren wir oft Pionier, damals für CD-ROM und auch für Bücher. Jetzt sind wir wieder gerne Vorreiter für preisgebundene ausgewählte Buch-Bestseller. Da der Bücherverkauf leider in der Masse der Bevölkerung schrumpft und Bücher in den privaten Bereichen wie Familie, Freundeskreis, Verein und Schule zu meinem großen Bedauern keine wirklichen Gesprächsthemen mehr sind sollten doch ausnahmslos alle, die mit Büchern und Druckerzeugnissen zu tun haben, unsere wiederholte Buchinitiative mit Aldi positiv bewerten. Denn die Uhr tickt.
Börsenblatt und Buchreport haben das am Donnerstag und Freitag sehr unterschiedlich kommentiert.
Kritischer Journalismus sollte immer objektiv sein, nicht partout angreifen, sondern die Fakten aufzeigen und ggf. benennen, was man besser machen kann.
Was kann man den besser machen?
Bewusstsein und mehr Aufmerksamkeit schaffen für das preisgebundene Buch. Denn hier kann man neue Käufer und auch Leser gewinnen. Buchkäufer, die bei Aldi spontan zugegriffen haben und einen Bestseller-Autor nach der Lektüre interessant finden, werden danach vielleicht „ihren“ Autor im stationären Buchhandel kaufen. Ullmann Medien hat meiner Ansicht nach übrigens mit seinen seit 1995 verkauften Büchern bei Aldi etc. sicher mehr aktive Leseförderung betrieben als der Buchhandelsverband. Und nochmals: Wir – die Printmedien und der Buchhandel – die „Buch machen“ und „Buch verkaufen“, sitzen alle in einem Boot. Das aber schaukelt heftig, der Wettbewerb findet immer mehr digital und online statt.
Greifen Sie nicht auch ein bisschen die Kompetenz des Sortiments-Buchhandels an?
Das Buch und alle Beteiligten sollten sich keine Überheblichkeiten leisten und ihren Elfenbeinturm verlassen. Durch solche Aktionen führen wir dem Sortimentsbuchhandel indirekt doch Kunden zu. Je mehr Bücher an jedweden Stellen verkauft werden, desto länger und besser existiert doch der Sortimentsbuchhandel. Denn: Er muss und kann den Kunden gut binden und ihm mit seinem Service mehr Bücher verkaufen. Bücher sollten „Lebensmittel“ sein. Der Buchhändler ist zwar kein Apotheker, der verschreibungspflichtige Buchmedikamente vorhält, aber meiner Meinung nach trägt das Lesen durchaus zur Gesunderhaltung bei.
Ich weiß aus unseren Gesprächen, Sie fühlen sich im Verbund mit Autoren und anderen Verlagen.
Ich glaube, die wissen wie wir: In fünf, spätestens acht Jahren wird sich vermutlich die Zahl der Buchkäufer „offline“ – ausgehend von Angaben für 2013 – halbiert haben. Unsere Unternehmungen setzen sich mit aller Kraft für den Verkauf im stationären Buchhandel ein. Leider hat, wie bereits angedeutet, der Buchverband weder den online- noch den digitalen Knall gehört, während bei anderen schon das Echo angekommen ist. Zu den Autoren: Sie alle und auch die geistigen Lieferanten haben ein Recht auf breitesten Vertrieb. Ansonsten verlieren Verlage ihre Daseinsberechtigung.
Wie sehen Sie denn deren Zukunft?
Das Lesen sollte wieder ein fester Bestandteil im Alltag der Menschen sein. Das ist mein Wunsch. Meine langjährigen Beobachtungen und Recherchen, die jetzige Entwicklung und die nicht wegzudiskutierenden Fakten machen mir allerdings Sorgen. Wenn sich heute nämlich schon bei den sehr jungen Generationen in der Schule, im Verein, im Freundeskreis und leider auch in der Familie das Buch immer mehr verflüchtigt (oft schon etwa ab dem 13. Lebensjahr) – denn bei der nachwachsenden Bevölkerung liegen ja die Probleme, sie haben das Buch fast verloren – sehe ich die Zukunft kritisch. Leider ist nämlich derjenige, der nicht liest, keineswegs in der Gesellschaft out. Und wenn das Buch im und für den gesellschaftlichen Diskurs nicht mehr gebraucht wird dann kann der stationäre Buchhandel leider auch überflüssig werden.
Sie sind jetzt über vierzig Jahre im Buchgeschäft, da haben Sie so manche Entwicklungen gesehen …
… und die sehe ich mit Sorge. Schauen Sie sich die Buchhandlungen in der Nähe der Universitäten an: In der 80-iger Jahren entstanden in Hamburg viele davon – spezielle für Belletristik, Geschichte, Reisen. Seit der Jahrtausendwende schließt Laden für Laden. In meiner Geburtsstadt Bonn sind beide Buchhandlungen nahe der Traditionsuniversität mittlerweile geschlossen. Dort befinden sich jetzt ein Karnevalsgeschäft und eine Kneipe. Warum? Die Lernenden und die Lehrenden kaufen offensichtlich kaum noch Bücher – immer mehr ist jetzt im Netz zu finden.
Der Wandel ist anfangs meist unmerklich …
….aber irgendwann ist dann etwas verschwunden und es dauert seine Zeit bis man es erkennt, versteht und traurig ist. Trotzdem ist aus meiner Sicht die Lage ist nicht hoffnungslos.
Die Fragen stellte Christian von Zittwitz
Die Titel und ihre Sortierung je Display:
9,99 | ET | Verlag | Sortierung | Preis |
Harlan Coben, In ewiger Schuld | 11.02.19 | Goldmann | 2 | 9,99 |
Joy Fielding, Nur wenn du mich liebst | lieferbar | Goldmann | 2 | 9,99 |
Sandra Brown, Tödliche Sehnsucht | 13.05.19 | Blanvalet | 1 | 9,99 |
Anne Jacobs, Leah Bach Sanfter Mond über Usambara | 11.06.19 | Blanvalet | 1 | 9,99 |
J.D. Robb, Zum Tod verführt | 08.07.19 | Blanvalet | 1 | 9,99 |
Nora Roberts, Schattendämmerung | 05.08.19 | Heyne | 1 | 9,99 |
Hera Lind, Hinter den Türen | 05.08.19 | Diana | 1 | 9,99 |
Michael Robotham, Die Rivalin | 09.09.19 | Goldmann | 1 | 9,99 |
Andreas Föhr, Schwarzwasser | 05.02.19 | Knaur | 1 | 9,99 |
Pierre Martin, Madame le Commisaire | 06.03.19 | Knaur | 2 | 9,99 |
10,99 | ||||
Lucinda Riley, Die Perlenschwester | 11.03.19 | Goldmann | 1 | 10,99 |
Tess Gerritsen, Blutzeuge | 12.08.19 | Blanvalet | 1 | 10,99 |
Sebastian Fitzek, Flugangst 7A | 02.01.19 | Knaur | 3 | 10,99 |
Iny Lorentz, Die Tochter der Wanderapotheke | 07.01.19 | Knaur | 1 | 10,99 |
Andreas Franz, Der Panther | 20.08.19 | Knaur | 1 | 10,99 |
Arno Strobel, Im Kopf des Mörders | 23.01.19 | Fischer | 1 | 10,99 |
Linda Castillo, Brennendes Grab | 20.08.19 | Fischer | 1 | 10,99 |
Den Worten von Herbert Ullmann ist im Grunde nichts hinzuzufügen. Die Diskussion ist, ehrlich gesagt, schon eine sehr alte. Sie flammte, wenn wir uns erinnern, auch zu Zeiten des Bertelsmann Buchclubs und seiner „Hauptvorschlagsbände“ immer wieder auf. Und immer wieder anlässlich des Verkaufs preisgebundener Bücher in Apotheken und anderen Fachhandelsmärkten. Wenn es uns in unserer Branche ernst ist mit unserem Ziel, Lesen zu fördern und dieses Ziel ehrlich gemeint ist, dann muss es uns um maximale Sichtbarkeit des Buches gehen. Folglich kann es nicht irritieren, wenn Printausgaben von Büchern überall dort verkauft werden – zu ihren gebundenen Ladenpreisen – wo sich potentielle Leser und Käufer finden. Dann geht es, um es bildlich auszudrücken, um eine Vergrößerung des „Kuchens“ und nicht um weniger „Kuchen“ für alle.
Ich kann mich Frau Beetz nur anschließen. Die Diskussion an welcher stationären Stelle Bücher verkauft werden, sollte obsolet sein. Wichtig ist vielmehr die Zukunft des Buches allgemein. Und wenn wir den geneigten Leser auch im Lebensmittelhandel abgreifen und so dem Offline-Buchhändler zuführen, kann dieser nur gewinnen.
Ich finde die offenen und teils drastischen Wort des Artikels sehr gut: ja- der Buchhandel ist zu träge! Woran das liegt, kann und will ich nicht beurteilen.
Schlussendlich dienen all dieses Maßnahmen (einzig) dem Lesen und darauf sollte der Fokus gelegt werden!
Also ich glaub, ich hab mein Lebtag noch nie einen Verband in Schutz nehmen müssen. Aber jetzt ist es doch so weit: Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand auf den DFB (Deutscher Fußballbund) losgeht, wenn manchem Verein die Zuschauer weglaufen. Oder ein Supermarkt, der dem Einzelhandelsverband die Schuld gibt, dass bei ihm niemand einkauft?? Ich dachte immer, die Buchhandlungen selbst sind der entscheidende Ort, wo alles stattfindet. Jetzt heißt es plötzlich: Der Verband muss den Buchhandlungen die Kundschaft zutreiben? Das ist doch keine Verbandsaufgabe. Ich weiß, das ist jetzt eine Binsenweisheit, ein Gemeinplatz – aber anscheinend doch eine Info, die nicht allen bekannt ist, noch nicht mal Leuten vom Fach. Erstaunlich. Der Verlag, für den ich arbeite, nimmt z.B. die Weiterbildungsmöglichkeiten wahr, die der Verband anbietet. Wir haben auch schon mehrfach Justitiarin bzw. Justitiar vom Verband um Rat gefragt – ging immer schnell und kompetent. Das sind auf jeden Fall Verbandsaufgaben. Und noch eine inhaltliche Kleinigkeit: Nicht Lesen an sich bildet – sondern was man liest, ist entscheidend. Und die Liste von Titeln, die da beim Discounter landen soll, kann man in Sachen Bildung durchaus vernachlässigen.