6. CrossMediaForum – Crossmediale Marketingkommunikation und Content-Vermarktung

Wollte man dem 6. CrossMediaForum, veranstaltet von Nionex und Heinold, Spiller & Partner, ein Motto geben, dann müßte dieses wohl heißen: Zukunftssicherung durch Digitalisierung. Erstmals ging es nicht mehr ‚nur’ um Technik, sondern v. a. um die Anwendung. Also dem Blick nach draußen, dort, wo der Kunde ist. Technik ist da, weil es Kundenwünsche gibt, die ein Produzent zu beachten hat. Nicht nur Lesegewohnheiten verändern sich. Eine Generation wächst heran, die E-Books schätzt, mit Downloads und Streams groß wird und digitale Medien mit großer Selbstverständlichkeit nutzt. Daneben gibt es mittlerweile Produkte, die digitalisierte Daten und Downloads auch für reifere Semester erschlossen haben – nur so ist die Erfolgsstory des iPod oder anderer MP3-Player zu erklären. Klug also der Verlag, der das erkennt und die Weichen für die Zukunft stellt.

„Ihr Produkt ist nicht das Buch, sonder der digitale Content. Sie müssen sich eins klar machen, das Internet ist die treibende Kraft, die ins Unternehmen zurückschlägt“, so Stephan Selle, der Geschäftsführer von zweitwerk GmbH. Und das heißt ja wohl nichts anderes, als daß alle Abteilungen eines Verlags davon betroffen sind, auch die, die das bislang nicht für nötig hielten. „Im Marketing gibt es kein Projekt- und Kostencontrolling und keine vernünftigen Prozesse, in der industriellen Produktion dagegen konnten 80% Effizienzsteigerung durch Standardisierung erzielt werden“. Zeit also, auch das Marketing einmal unter den Gesichtspunkten Effizienz, Standardisierung und Optimierung zu beleuchten. Die digitale Revolution bietet dafür die geeigneten Tools, und Skeptiker konnten sich durch die spannenden Fallbeispiele überzeugen lassen.

Dirk Moldenhauer, Projektleiter Internet der Rowohlt Verlage, erzählte, wie 2001 in Hamburg das „große Aufräumen“ begonnen habe – mit einer klaren Markenstruktur und einem einheitlichen Werbekonzept sowie der Nutzung verschiedener Kommunikationskanäle. Heute sind Klopotek, SixCMS, Jadis und ONIX so verbunden, daß eine zentrale Datenhaltung Mehrfachnutzung ermöglicht, Nutzerprofile zusammenführt und Redundanzen in der Titelhaltung eliminiert. Spannend der Bericht von Hans W. Hohenester, Geschäftsführer des Schwaneberger Verlags. Den Verlag kennen die wenigsten, wohl aber sein wichtigstes Produkt – den MICHEL. Der Verlag, der die „Bibel der Philatelisten“ verlegt, kämpfte mit zu hohen Produktionskosten, zu wenig Diversifikation, mangelnden Mehrfachverwertungen und fehlenden Web-Anwendungen. „Wir waren nicht zukunftsorientiert“, so Hohenester. Heute sieht das anders aus. 30% Einsparungen in der Produktionszeit, 30% Einsparungen in den Produktionskosten. Wie der Verlag das geschafft hat? Dank der Zielstrebigkeit und Zukunftsvision seines Geschäftsführers. Eine Datenbank nach Mutter-Tochter-Prinzip wurde entwickelt – sie hat den Charme, daß Daten nur in einer Datenbank erfasst und aktualisiert werden müssen und automatisch in die andere(n) überspielt werden. Im Zentrum der MICHEL-Welt steht der Kunde. Dieser kann individuell zugeschnittene Produkte erwerben – als Printprodukt oder Online-Download. Er kann Mitglied im MICHEL Club werden. Der Verlag bietet ihm z.B. Softwarelösungen wie MICHELScope (Suchprogramm) und MICHELalbum (Albenblattgestaltungsprogramm). Der Erfolg kann sich sehen lassen – Die Umsätze und Decklungsbeiträge stiegen, die Seitenabrufzahlen verdoppelten sich seit 2002, durch die Online-Produkte konnten neue und jüngere Kundengruppen erschlossen werden, in der Redaktion wurden Kapazitäten für Produktentwicklung frei.

Weiter noch in die Zukunft entführten Thomas Mai, der Geschäftsführer der MAI KG und Torsten Kuprat, der Geschäftsführer der Acolada GmbH. Sie stellten ein Produkt vor, daß es noch gar nicht gibt, das aber für Kunden – und damit Verlage – ausgesprochen spannend sein könnte. Was, wenn sich jeder interessierte Reisende seinen individuellen Reiseführer online selbst zusammenstellen und diesen per Digitaldruck auch als personalisiertes Printprodukt mitnehmen kann? „55% beträgt laut B.A.T. der Marktanteil der Individualreisen“, so Mai. Auf Reiseführerseite (Print) spiegele sich das allerdings nicht. „Der Kunde kann nicht auswählen, welche Informationen er braucht und kauft viele Informationen, die er überhaupt nicht will. Meistens muß er überdies mehrere Reiseführer kaufen, um alle Informationen zu erhalten, die er wirklich will“. Und im Internet hat er zwar Aktualität, aber eben auch schlecht lesbare oder unhandliche Ausdrucke. Was also, wenn es gelänge, die Vorteile von Print und Internet in einem Produkt zu verbinden? Am Beispiel der Baedeker Reiseführer demonstrierten Mai und Kuprat, wie es anders gehen könnte – ein überzeugendes Produkt, das im Saal sogleich mehrere Käufer gefunden hätte, würde es bereits angeboten! Und was mit Reiseführern geht, das geht natürlich auch mit Kochbüchern oder Urlaubslektüre…

Jan Haaf vom Konradin Verlag berichtete, wie gemeinsam mit dem Dienstleister OKS Software AG alle Prozesse des Erzeugens, Bündelns und Distribuierens auf den Prüfstand gelegt und optimiert wurden. Grund für die Veränderung war eine Krise – 30% Anzeigenrückgang im Jahr 2002 erzwang schnelles Handeln. Heute ist ein Automatisierungsgrad von 60-70% geschaffen, der Workflow ist datenbankgesteuert und inhaltzentriert, die Redakteure können parallel für mehrere Medien arbeiten. Und endliche gibt es auch eine Produktionsüberwachung. „Noch bevor ich morgens in die Emails schaue, gehe ich in den Leitstand – da sehe ich nämlich genau, wo welches Objekt sich gerade befindet, und zwar für jede einzelne Seite“, so Haaf. Transparenz, schnellere Durchlaufzeiten, höhere Aktualität – wichtige Erfolgsparameter.

Trotz mancher Dubletten und Redundanzen in den Vorträgen – das Thema Optimierung und Effizienz sollte ja auch für Veranstalter gelten! – war es eine interessante und anregende Veranstaltung, die den Teilnehmern viel Denkfutter mitgab.

Jutta Hamberger, VERLAGSCONSULT

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