Andreas Rötzer wird heute 50 Jahre alt. Dem Matthes & Seitz-Verleger gratuliert Frank Witzel zum runden Geburtstag:
„Während das Possessivpronomen in menschlichen Beziehungen meist eine gewisse Ausschließlichkeit anzeigt („meine Mutter“, „mein Ehemann“ etc.), kann es im Deutschen eine eigenartige Funktion übernehmen, die nicht unbedingt in andere Sprachen übertragbar ist. Dort würde man sich wundern und auf Anhieb erst einmal nicht verstehen, was es bedeutet, wenn jemand von „seinem“ Arzt, Bäcker oder auch Verleger spricht. Tatsächlich erscheint es auch mir seltsam, selbst wenn ich diesen Begriff regelmäßig genauso verwende, Andreas Rötzer als „meinen Verleger“ zu bezeichnen, doch geschieht es nicht ohne Grund, dass ich diese Formulierung wähle und nicht etwa neutraler von „meinem Verlag“ spreche. Da gibt es natürlich diesen Verlag Matthes und Seitz, dessen Werdegang ich seit seiner Gründung im Jahr 1977 verfolge und dessen Grundstock eines über 25 Jahre angewachsenen Programms der Namensgeber (Axel Matthes und Carl Seitz) Andreas Rötzer im Jahr 2004 zu Matthes und Seitz Berlin erweitert und gleichzeitig neu entworfen hat. Sieben von den siebzehn Jahren, die seitdem vergangen sind, kenne ich Andreas Rötzer persönlich, ist er nicht nur für mich, sondern für eine mittlerweile nicht mehr zu überschauende Reihe von Autorinnen und Autoren „mein Verleger“. Obwohl sich das Programm in den letzten Jahren rasant aufgefächert hat und es einer Schar von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedarf, um das zu bewerkstelligen, laufen alle Fäden nach wie vor bei Andreas zusammen. Mehr noch: Er nimmt diese Fäden auf und knüpft Verbindungen zwischen seinen Autorinnen und Autoren und schafft damit ein Netz von Konstellationen, aus dem heraus Neues und oft Unerwartetes entsteht.
Bei unseren regelmäßigen Treffen bin ich nicht nur erstaunt über das breite Spektrum dessen, was Andreas über das eigene Verlagsprogramm hinaus liest und kennt, ich habe immer das Gefühl, als sei ich tatsächlich „sein Autor“, denn ich habe nicht nur seine ungeteilte Aufmerksamkeit, unsere Gespräche über literarische Pläne und Projekte wurden noch nie von Bedenken oder Einschränkungen flankiert. Mein Verleger ermöglicht es mir, ganz Autor zu sein und mich allein um das zu kümmern, was ich jeden Tag aufs Neue versuche: zu schreiben. Es ist beruhigend, ich sage das aus ganz egoistischen Motiven, dass Andreas erst fünfzig wird, denn das heißt, dass er sein einzigartiges Projekt – und ab 50 darf man langsam anfangen, von einem Lebenswerk zu sprechen – voraussichtlich noch viele Jahre wird fortsetzen können.
Jacques Derrida hat statt der Formulierung: „Er ist mein Freund“ stets den Satz „Ich bin sein Freund“ verwendet, was tatsächlich einen grundlegend anderen Sinn ergibt. Und genau in diesem Sinne wünscht sein Autor und Freund Frank Witzel seinem Verleger Andreas Rötzer zu seinem Geburtstag alles, alles Gute.“
Dein Frank Witzel