Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Hier klappert nichts, nichts ist unbeholfen“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

 

„Eine Romanfigur im Limbus“: Die Wirklichkeit? Nur eine von vielen Möglichkeiten: Peter Stamms In einer blauen Stunde erzählt vom Scheitern eines Dokumentarfilms. „Dass wir Leser früh und nachhaltig darauf gestoßen werden, in den Berichten die Möglichkeitsform mitzudenken, ist Programm. Es geht um Andrea, wir sehen aus ihren Augen und misstrauen ihrem Blick, und für einen Roman könnte genau darin ein großer Reiz liegen. Auch dass Stamm uns eine Erzählerin entwirft, die bei aller Redefreude Hürden um die eigene Person aufbaut, die viel erzählt, manchmal in Floskeln wie ‚ich bin kein Kind von Traurigkeit‘, und manchmal überdeutliche Lücken lässt, tut dem Roman gut.“
  • Peter Stamm, In einer dunkelblauen Stunde. (S. Fischer)

„Von Meer und Innenmeer der Seele“: Zur Frau wird ihm die See: Gerd Heidenreichs vielgestaltigen und -rhythmischen Atlantischen Gesänge. „Und wo sich einer vielleicht am rilkisierend Gefüh­ligen stört oder an den Echos des Lyrik-Nachtstudios der Fünfziger oder an den vielen, oft kaum eingebundenen Bildungs-Einsprengseln aus Literatur und Malerei, findet ein anderer das schön und klug. Fraglos ist, dass sich Gert Heidenreich als ein Meister der rhythmischen Form erweist. Die Tonlagen wechseln, sind heftiger oder zart, komisch oder melancholisch, behauptend oder verführend. Der Sound wechselt ständig, aber er stimmt. Hier klappert nichts, nichts ist unbeholfen.“

  • Gert Heidenreich, Das Meer – Atlantischer Gesang. Gedichte. (Verlag Bibliothek der Provinz)

„Mord als Folge von Verordnungen und Verboten“: Paul Binnerts erzählt in Das Lügenlabyrinth von seiner jüdischen Familie in den deutsch besetzten Niederlanden. „Obwohl das Buch vom Verlag als Roman bezeichnet wird, stellt es eine Mischform dar aus dokumentarischen und erfundenen Passagen. In den Text der Erzählung hat Binnerts in einer anderen Schriftart Kommentare gesetzt, mit denen er die tatsächlichen Ereignisse im Leben seiner Familie darlegt.“

  • Paul Binnerts, Das Lügenlabyrinth. Roman. (aus dem Niederländischen von Ulrich Faure; Arco Verlag)

„Kleine Freiheit“: Zum Tod des Schriftstellers Richard Wagner. „In dem Buch, das er 2015 seiner Parkinson-Krankheit gewidmet hatte, blitzten noch einmal der selbstironische Witz und die Schonungslosigkeit des Schriftstellers Richard Wagner auf, sein Zorn und seine Trauer. Richard Wagner ist am Morgen des 14. März ‚wegwohin‘ gegangen, ich trauere um einen guten und schwierigen Freund.“

„Zahnlücken des Kummers“: Anmutig und lakonisch: Michael Stavarics erzählende Lyrik feiert die Zweisamkeit als letzte Bastion gegen den Weltuntergang. „Trotz einiger Pointen täuscht in den Miniaturen nichts darüber hinweg, dass der 1972 im tschechischen Brno (Brünn) geborene und heute in Wien lebende Schriftsteller vor allem einen Abgesang auf eine naturfeindliche Spätmoderne verfasst hat. Prophetisch deutet er genauso einen planetaren Kollaps wie das sich schon im konsequenten Präteritum spiegelnde Ende eines anthropozentrischen Weltbildes an.“

  • Michael Stavaric, Die Suche nach dem Ende der Dunkelheit. Gedichte. (Limbus)
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