Das Wort im digitalen Zeitalter: 125 Jahre Neukirchener Verlagsgesellschaft / Bilder vom Fest

Dass je jemand auf dem ansonsten riesigen Parkplatz am Neukirchener Andreas-Bräm-Haus den Verkehr und das Parken auf den richtigen Plätzen organisieren musste: Daran konnte sich niemand erinnern. Doch gestern musste eine Regelung her. Etwas über 130 Gäste waren gekommen, um gleich mehrere Jubiläen in einem zu feiern: 125 Jahre Neukirchener Kalender, Neukirchener Verlagsgesellschaft und Buchhandlung. Außerdem ist die Neukirchener Kinderbibel vor 25 Jahren entstanden.

Das kleine, niederrheinische Städtchen Neukirchen-Vluyn ist nur mit dem Auto zu erreichen und entsprechend ist der Verlag und vor allem sein Gesellschafter, die diakonische Einrichtung der Erziehungsverein, ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor, wie Bürgermeister Harald Lenßen sich beeilte, festzustellen. „Der Neukirchener Kalender macht uns in der ganzen Bundesrepublik bekannt und es kostet uns keinen einzigen Cent“, freute er sich unumwunden im Grußwort und überreichte dann doch einen Geburtstagscheck.

Für die Feier hatte sich das Team um Verlagsleiter Christoph Siepermann einiges einfallen lassen und es wurde eine Feier, von der man einiges mitnehmen konnte. Er gestaltete den Blick in die Geschichte unterhaltsam und in Bezug auf die Nazi-Zeit, als der Neukirchener Kalender von den Nazis verboten wurde, auch nachdenklich. Während er daran erinnerte, dass der Verlag im Jahr der Entstehung der Buchpreisbindung gegründet wurde (wieso feiert die eigentlich niemand?), bestimmten Pixel, Bites und digitale Inhalte die Reden.

Theologisch tiefschürfend, aber auch launig tat dies der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider, der den Festvortag hielt. Der Ex-Bischof der Rheinischen Landeskirche, zu der Neukirchen gehört, fühlte sich nicht nur wohl „wieder zu Hause zu sein“, er zitierte die Bibel auf Griechisch, nahm das Programm des Verlages auseinander als wäre er dessen Vertriebschef, empfahl dringend das Einkaufen in der Buchhandlung („wer im Internet kauft, muss sich nicht wundern, wenn die Buchhandlungen schließen“) und nannte bereits Weihnachtswünsche aus der Vorschau. Er stellte das biblische Wort, das über den Tod hinaus Gültigkeit besitzt, der kurzlebigen Kommunikation im digitalen Zeitalter gegenüber. Gerade weil die moderne Kommunikation keine Zeit zum Nachdenken lasse, habe das Buch als langsames Medium eine Zukunft, zeigte er sich überzeugt.

Anschließend befragte Moderator Andreas Malessa zahlreiche Gäste auf die Bühne. Dr. Hans Meyer-Stoll, dessen Vater als ehemaliger Verleger den Neukirchener Kalender 1941 zu höchsten Auflage von 1,4 Mio. Exemplaren führte, den Chef des Erziehungsvereins Pfarrer Hans-Wilhelm Fricke-Hein, Umbreit-Geschäftsführer Thomas Bez, den wissenschaftlichen Autor Prof. Dr. Matthias Freudenberg, der sich als Wissenschaftler rechtfertigen sollte, warum er Bücher schreibe, die dem Verlag keine Auflage bringen, Irmgard Weth, die sich erinnerte, wie sie vor 25 Jahren die Neukirchner Kinderbibel auf den Weg gebracht hatte, Bestseller-Autor Pfarrer Albrecht Gralle, Karl Lang, Inhaber der Buchhandlung an der Marktkirche in Hannover, der unumwunden deutlich machte, dass Verlage zum Wettbewerber der Buchhandlungen geworden seien und den VEB-Vorsitzenden und Brunnen-Chef Detlef Holtgrefe. Erst am späten Nachmittag nach guter Verköstigung leerten sich die Parkplätze wieder.

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