Chez Luc ist ein aufwendig gemachtes Kochbuch rund um die Region der erfolgreichen „Luc Verlain“ – Krimis. Warum wagt sich Alexander Oetker auf ein Terrain, das man sich mühsam erobern muss – auch wenn man sich (wie seine Krimis zeigen) dort in der Region und seinen Restaurants bestens auskennt? Auch das was Anlass für Fragen an den TV-Journalisten.
Mit „Chez Luc“ verlässt Du vertrautes Terrain – kein Krimi, sondern ein Kochbuch. Warum wolltest Du das unbedingt machen?
Alexander Oetker: Ich glaube, es ging einfach irgendwann nicht mehr anders. Luc Verlain ist ein Genießer, sozusagen der geborene Franzose, in jedem Krimi stecken seitenweise Beschreibungen von Restaurants und gutem Essen – und wenn ich auf irgendeiner Lesung mal vergesse, eine Genuss-Szene zu lesen, dann gibt es Beschwerden.
Du hast Dir die Arbeit gemacht, weil Dein Verlag und Du Dich dem Diktat des Marktes unterworfen habt?
Ja, genau das wars. Die Leserinnen und Leser wollten wissen, wo der Commissaire speist – und wie die guten Produkte der Aquitaine entstehen. Zudem darf ich auch sagen: So ganz festgelegt aufs Krimi-Genre bin ich ja gar nicht. Und das verdanke ich den Buchhändlerinnen und Buchhändlern. Wie sie mir als eingefleischtem Krimi-Autoren meinen ersten Liebesroman „Mittwochs am Meer“ abgekauft und ihn weiterempfohlen haben, das war schon ganz großes Kino – und ich freue mich darüber sehr, dass auch sogenannte Vielschreiber-Autoren heute ernstgenommen werden, wenn die Leserinnen und Leser das wollen – und ihre Chance vom Handel bekommen. Simenon war der erste Vielschreiber – und in dessen Tradition fühle ich mich ehrlich gesagt recht wohl.
Was erwartet die Leser in Deinem Buch?
400 Seiten Hochglanz mit Rezepten, Landschaftsreportagen, Krimi und Co.–
.. ein beeindruckendes Coffeetable-Book ..
… allererster Güte, wie ich mit aller geboten Bescheidenheit sagen möchte, ich bin wirklich stolz auf das Ergebnis.
Das kannst Du ruhig sein. Es ist tatsächlich viel mehr als eine kiloschwere Koch-Reise-Foto-Frankreich-Liebeserklärung.
Mein Verleger und Freund Thomas Ganske sagte mir beim ersten Anschauen, wir hätten alle Regeln des Kochbuch-Genres gebrochen – und genau das sei die größte Stärke des Buches. Wir haben 25 Köche der Aquitaine getroffen, die haben uns ihre geheimen Rezepte geschenkt, es gibt Sterneköche und Dorfbistrots, es gibt Reportagen über schauspielernde Austernzüchter und deutsche Médoc-Winzer, es gibt eine wilde Krimihandlung und dazu noch ganz viele verliebte Köche, es ist ein wildes Buch geworden – und ein einmaliges.
Ihr habt bestimmt den Markt analysiert: Krimiautoren mit Kochbüchern – ist das eigentlich automatisch eine gewinnbringende Kombination?
In den meisten Fällen bestimmt: Martin Walkers Bücher sind hervorragend, sein Bruno ist der geborene Koch und auch der Autor selbst lädt ja sehr gern in seine Scheune im Périgord ein, das passt. Mein Luc geht lieber essen, also spielt sein Kochbuch an den feinsten Tischen der Aquitaine. Sophie Bonnets Kochbuch hat mich in die Provence gebeamt, es ist ganz wunderbar. Ich glaube, die Kochbücher erfolgreicher Krimiautoren müssen einfach authentisch und selbsterlebt und selbstgegessen sein – dann werden Sie auch ein Erfolg. Reine Marketingbücher können leider das Gegenteil auslösen.
Der sechste Band der Luc –Reihe ist auch gerade in dieser Woche erschienen. In Sternenmeer geht es um die Gourmetgastronomie – hat Dich Deine Arbeit als Restaurantkritiker dazu inspiriert?
Sagen wir mal: es gibt wenig Branchen, die mehr zu einem Krimi einladen als die Sternegastronomie. Es geht um Geld und Ruhm und Ehre – und schlechte Bewertungen können Karrieren vernichten und Leben beenden. So simpel ist das. Ich darf seit einiger Zeit für den FEINSCHMECKER über Frankreich berichten und stelle fest: Im Land von Bocuse ist all diese Legendenbildung noch stärker ausgeprägt – Frankreich bleibt die Heimat der Gourmets und Gourmandisen. Als Restaurantkritiker fühlt man sich hier wirklich wie der böse Mann im Film „Ratatouille“, man schreibt über Teller, muss sie aber nicht selber kochen. Gottseidank darf ich durch die Arbeit in die großen Küchen hinein, oft tage- und wochenlang, kann mit Haeberlin und Guérard sprechen – und da erfährt man manchmal eben auch die Geheimnisse und die Sehnsüchte der wichtigen Köche – und all das erlaubte es mir, einen Kriminalroman mit Einblick zu schreiben – mit Einblick, aber ohne erhobenen Zeigefinger – und mit sehr sehr viel Genuss.
Die Buchmesse ist nun wieder zwei Wochen alt, wie hast Du die Neuauflage nach der großen Pandemie erlebt?
Es war ein Fest. Endlich wieder tausende Bücher an einem Ort, der Geruch nach Papier, der Anblick wunderschöner Cover. Und endlich wieder Kolleginnen, Verlagsmitarbeiter, Verlegerinnen und Verleger umarmen, die Autorenbar im Frankfurter Hof war ein Karussell voller sehnsüchtiger Menschen, es war so so toll. Am schönsten aber war das Wochenende, ich habe zweieinhalb Tage am Stück Bücher verkauft und signiert – da waren so viele Leserinnen und Leser – und alle haben sich so gefreut. Es bleibt dabei: Die Buchmesse ist die einzige Messe, auf der einem am Abend die Leute nicht erschöpft entgegenkommen, sondern fröhlich strahlend.
Glaubst Du an ein gutes Weihnachtsgeschäft?
Klar, die Sorgen sind groß, die Leute haben Angst vor der Gasrechnung und vor der Inflation, deshalb sind die Innenstädte immer noch leerer als während Corona. Und dennoch glaube ich, dass da eine Sehnsucht ist nach Unterhaltung, nach Information, nach Reisen, nach Ernsthaftigkeit – also kurzum: Nach Literatur. Ich hoffe so sehr, dass die mutigen Buchhändlerinnen und Buchhändler dieses Jahr für ihre Anstrengungen der letzten Jahre belohnt werden. Und das auch die Veranstaltungen wieder besser besucht werden. Die Zurückhaltung der letzten Monate ist schrecklich – und eine echte Zumutung, gerade für die Buchhändler, die Lesungen durchführen und für junge Autorinnen und Autoren. Es wäre so gut, wenn wir endlich wieder volle Säle und Buchhandlungen feiern können.
Du hast ja schon gesagt, neben Krimi ist die Liebe eines deiner großen Standbeine – ich weiß von Thomas, es gibt auch bei „Mittwochs am Meer“ eine Fortsetzung.
Der Erfolg meines Liebes-Debüts hat mich überrascht – und dann noch die DELIA zu gewinnen, den Preis für den besten Liebesroman, das war für mich echt ein Wunder. Also, auch wenn Du es schon weißt; Im Frühjahr erscheint bei Hoffmann und Campe „Sonntags am Strand“ – für mich mein bisher bester Roman.
Die Zutaten?
Ein Sonntag, Ferragosta, ein italienischer Strand. Vier Paare treffen aufeinander, jung und alt, frisch verliebt und in der großen Krise. Und alle erleben sprichwörtlich ihr blaues Wunder. Aperol Spritz inklusive. Das wird ein echtes Sommerbuch. Hoffentlich DAS Sommerbuch eines krisenfreies Jahres. Wie schön wäre das.
Die Fragen stellte Christian von Zittwitz
Bei uns in Heidelberg macht gerade die letzte persönlich geführte Metzgerei zu…wozu brauchen wir Kochbücher, wenn es demnächst nur noch Supermarktqualität gibt? Vermutlich müssen wir doch umziehen, aber wohin? Viele Grüße schickt Gabriele Hoffmann