Veranstaltungen Frankfurt: Literatur auf dem Kirchplatz

Gut besucht war die vierte Veranstaltung der Reihe Literatur am Kirchplatz am Freitag, 23. August, vor der Heilig Kreuz-Kirche im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim. Pfarrer Uwe Hahner begrüßte die Gäste „im südlichsten Zipfel des Bistums Fulda“ und wies auf den Initiator der Reihe, den 2012 verstorbenen Pfarrer Alfons Gerhardt, hin. Der hatte Literatur am Kirchplatz in Hünfeld begründet.

Das Trio Blue Mango mit Ina Wiskott an der Violine, Mohanad Almoslli an der Gitarre und Pejman Jamilpanah an der Tar, 2016 hervorgegangen aus dem Projekt bridges – Musik verbindet probte in der ersten Zeit in der Heilig Kreuz-Kirche. „Darauf bin ich stolz“, bemerkte Hahner.

Durch die Veranstaltung führte wortgewandt Werner Schledt: „Hurra, wir lesen noch – wenn auch nur halb so viel wie die Franzosen“ sagte er.

Die ehemalige Buchhändlerin Monika Steinkopf erinnerte mit dem Gedicht Auf was nur einmal ist an den dritten Stadtschreiber von Bergen, Peter Rühmkorf (1929 bis 2008). Sie war gerade aus Hamburg zurückgekommen, dort hatte sie die Rühmkorf-Ausstellung Laß leuchten anlässlich des 90. Geburtstages des Autors im kommenden Oktober besucht. Die Exposition ist noch bis zum 20. Juli 2020 in Hamburg zu sehen und wird anschließend im Literaturarchiv Marbach gezeigt.

Steinkopf las aus Das Kind, das nicht fragte von Hanns-Josef Ortheil eine Szene in einer Kirche, in der es um die erste Beichte von Benjamin geht. Das Buch erschien im Jahr 2000 bei Luchterhand.

Nach dieser ersten Lesung spielte Blue Mango Conversation.

Moderator Werner Schledt beklagte die Einstellung der Bistumszeitung Bonifatiusbote zum Ende des Jahres 2023. „Ein auf Spenden angewiesener multireligiöser Fernsehkanal ist fast schon alles in Zeiten von Social Media“, äußerte Schledt zum Thema Kirche in der digitalen Welt.

Dann stellte er Ansgar Wucherpfennig, Rektor der Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt, vor: „Wir haben viel Ermutigendes über Sie gelesen.“ Der Jesuit hatte sich für John Boynes Die Geschichte der Einsamkeit, Piper Verlag, 2014, entschieden. „Ein unbarmherziger, frustrierender und verstörender Roman“, bemerkte Schledt. Der irische Autor greift ein heikles Thema auf: sexuellen Missbrauch in der Kirche.

Blue Mango spielte anschließend Melodien aus Irland und mischte sie mit Klängen aus anderen Ländern.

Zuletzt traten die „Oberleserinnen“, wie Schledt sagte, ans Pult. Die evangelische Pfarrerin Karola Wehmeier, Bergen-Enkheims Ortsvorsteherin Renate Müller-Friese und Petra Scheschonka vom Mediacampus wechselten sich ab, um von drei Frauenschicksalen – das der Inderin Smita, einer Unberührbaren; der Sizilianerin Giulia, Tochter eines Perückenfabrikanten, und der erfolgreichen kanadischen Anwältin Sarah, die an Krebs erkrankt – zu lesen. Der Roman Der Zopf  von Laetitia Colombani, 2018 bei S. Fischer publiziert, berührte.

Das Stück Abschied von Blue Mango beendete den Abend. Anna Doepfner, Buchhändlerin von Bergen erlesen, vor wenigen Wochen mit dem Deutschen Buchhandlungspreis geehrt, hatte einen Büchertisch aufgebaut und alle Werke vorrätig. Uwe Hahner dankte den jungen Technikern Paul Hruschka und Rouven Malinowski, der Organisatorin Gaby Barth und ihrem Team. Viele engagierten sich, um diese kooperative Veranstaltung, deren Besuch kostenfrei war, auf die Beine zu stellen.

Werner Schledt stellte abschließend fest: „In Bergen lässt sich’s gut lesen.“ Und vorlesen.

JF

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