Der Hädecke Verlag feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum. Unter anderem mit einer Buchhandelsaktion, die quer durch Deutschland gehen wird. Wir fragten Julia Graff, neben Schwester Simone Co-Verlegerin des Familienunternehmens, wie sich die Aktion bisher entwickelt hat und was Hädecke außerdem im Rahmen des Jubiläums noch plant oder bereits umgesetzt hat.
100 Stunden für den Handel – was kann man sich darunter vorstellen?
Julia Graff: Wir schenken dem Handel 100 Stunden unserer Zeit. Diese Zeit kann je nach Buchhandlung ganz unterschiedlich genutzt und nach den jeweiligen Wünschen gestaltet werden. Wir veranschlagen pro Veranstaltung etwa 2–3 Stunden, je nach Format. Wir sind zu Gast als Kochbuchverlegerinnen, erzählen etwas über die 100jährige Geschichte des Verlages, die auch ein gutes Stück Kochbuchgeschichte ist, übers Büchermachen, über unser Programm und verbinden dies mit einem kulinarischen Themenfeld. Wir selbst nehmen kein Honorar, die Buchhandlungen kümmern sich um Verpflegung und Werbung. Aber auch da unterstützen wir, so gut es geht.
Haben Sie ein Beispiel für uns?
Gerne auch mehrere, denn wir sind im Gespräch mit den Buchhändlern auf tolle Ideen gekommen: In Solingen wird es eine Art italienischen Abend geben, verbunden mit einer Lesung aus einem unserer Klassiker „Fra Bartolo“. Wir planen mit zwei Buchhandlungen einen Abend zum Thema „Killing me Soufflé“, den ich neben kurzen Zitaten aus dem Buch auch musikalisch untermalen werde. Außerdem gibt es noch Ideen für einen Frankreich-Nachmittag oder einen asiatischen Abend. Fester Bestandteil ist jeweils ein Teil zur Verlagsgeschichte und unserem Programm. Der Rest des Abends ist zugeschnitten auf die Wünsche des Veranstalters.
100 Stunden – wie schafft man das noch zusätzlich zum Tagesgeschäft?
Im Jubiläumsjahr kommen Familie und Freunde natürlich ein wenig zu kurz, aber wir versuchen die Termine so geschickt wie möglich mit anderen Aktivitäten oder eben Besuchen bei Freunden zu verbinden. Und so viele Wege wie möglich mit der Bahn zurück zu legen. So schafft man ein wenig Platz für Arbeit unterwegs. Urlaub gibt es allerdings in diesem Jahr nur sehr selten. Zum Glück teile ich mir die Termine ja mit meiner Schwester, da sind es dann für jede nur 50 Stunden…
Wie wird die Tour noch begleitet und wird es noch andere Aktionen geben?
Wir haben einen kleinen Tourplan erstellt, den man als Google-Map unter hvlink.de/haedeckeontour-2019 abrufen kann. Hier gibt es auch einige kurze Vorabinfos zu den Veranstaltungen.
Außerdem begleiten wir die Aktion natürlich auf unseren Social-Media-Kanälen mit dem Hashtag #haedeckeontour. Für die Buchhandlungen selbst bieten wir passend zu den Veranstaltungen individuell geschnürte Aktionspakete zu Sonderkonditionen mit Werbemitteln an; diese 100-Jahre-Pakete kann aber auch jeder Sortimentern ordern, der keine Veranstaltung gebucht hat. Derzeit arbeiten wir an einer Online-Chronik des Verlages, dazu wird es etwa im März oder April noch eine ausführlichere Info geben. Und wir arbeiten gerade an unserer allerersten Verlags-Podcast-Episode. Auch dort wird es unter anderem um Geschichten aus der Verlagshistorie gehen.
Wird die 100-Stunden-Aktion eigentlich gut angenommen? Alle, mit denen wir darüber gesprochen haben, finden die Aktion ausgesprochen gut, freuen sich schon sehr darauf und darüber, dass wir uns ein so flexibles Themen-Modell ausgedacht haben. Im Mai und September sind wir bereits ausgebucht. Aber für den Rest des Jahres wollen wir gerne noch ein paar schöne Stunden füllen.
Was versprechen Sie sich von dieser Aktion?
Zum einen freue ich mich persönlich auf den direkten Kontakt mit dem Handel, da sich in erster Linie meine Schwester um den Vertrieb bei uns kümmert. Wir haben mit dieser Aktion eine tolle Möglichkeit, Einblicke in unsere Arbeit zu geben, unsere Marke als solche auch direkt am POS zu präsentieren, was uns sonst durch Fläche fast nicht möglich ist. Und wie immer, kommt man durch Gespräche mit den Partnern im stationären Handel auf neue Ideen, die beiden nutzen; man entwickelt ein besseres Verständnis für die Situation des anderen. Zum anderen sehe ich mit Spannung dem Kontakt mit den Endkunden entgegen, die unseren Verlag entweder noch gar nicht kennen oder vielleicht keine genaue Vorstellung davon haben, was wir eigentlich seit 100 Jahren machen. Und Genussgeschichten über schöne Bücher zu erzählen ist einfach toll!
Sie sprachen die Kommunikation mit dem Handel an – was liegt Ihnen da besonders am Herzen?
Herauszufinden, wo der Schuh drückt, was wir besser machen können, welche Probleme wir vielleicht übersehen oder gar nicht so wahrnehmen wie der Handel. Umgekehrt aber genauso darüber zu berichten, was es für unsere Arbeit bedeutet, dass der Kochbuchmarkt derzeit solch herben Schwankungen ausgesetzt ist. Die Entscheidung, dass wir beispielsweise auf vlbtix umgestellt haben, kam nicht bei allen Buchhändler*innen gut an. Hier wollen wir nach gemeinsamen Lösungen suchen, die bezahlbar und für alle weiterhin von Nutzen sind.
Das bedeutet, es gibt bei Hädecke keine gedruckte Frühjahrsvorschau?
Nein, wir haben die Vorschau digital versandt und nutzen alle Möglichkeiten von vlbtix. Dies hatte mehrere Gründe, vorrangig wichtig war – und ist es uns noch immer – nachhaltiger mit unseren Ressourcen umzugehen. Auch das künftige Vorhaben, wann immer es geht, auf Einschweißfolie zu verzichten, spielt hier mit hinein. Wir können nicht auf der einen Seite über zu viel Plastik klagen und andererseits Werbemittel produzieren, die wenig ressourcenschonend sind. Auch bei der Alternative für Umschlagmaterialien ist unsere Meinung, ganz genau hinzuschauen, was nun wirklich umweltfreundlicher ist. Eine Schutzcellophanierung, die möglicherweise noch schwieriger abbaubar ist als eine Plastikfolie oder aber auch der Verzicht auf entsprechende Klebematerialien beim Buchbindern. Hier blicken wir interessiert auf die Learnings, die zum Beispiel die Biobranche liefert.
Auf was freuen Sie sich im Jubiläumsjahr besonders?
Ganz besonders darauf, dass ich bei den Veranstaltungen viele schöne Dinge miteinander verbinden kann: Neue Menschen kennen zu lernen, meine Liebe zum Genuss, gutem Essen und schönen Büchern mit anderen zu teilen, sind tolle Aussichten. Das i-Tüpfelchen ist zudem, dass ich bei bereits zwei Veranstaltungen die Liebe zur Musik mit der zum Verlag verbinden kann.