Als ich mich letzten Freitag durch die Menschenmenge auf der Leipziger Buchmesse schob, fiel mir plötzlich siedenheiß ein, dass an diesem Tag der Netzrückblick für den Monat April hätte erscheinen sollen – für den zu diesem Zeitpunkt noch kein einziges Wort geschrieben war. Vor lauter Messevorfreude hatte ich es schlicht und ergreifend vergessen. Daher erscheint die Kolumne dieses Mal etwas später als gewöhnlich.
Schön war es in Leipzig. Unzählige Gespräche, geplante und spontane Begegnungen, wunderbare Messetage. In ihrem Blog hat Birgit Böllinger das diesjährige Messegeschehen lesenswert zusammengefasst – und sie geht vor allem auf die Bedeutung der Leipziger Buchmesse gerade für kleinere Verlage ein.
Thomas Hummitzsch schreibt auf intellectures über die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse und stellt die Preisträger Dinçer Güçyeter, Johanna Schwering und Regina Scheer mitsamt den prämierten Werken ausführlich vor.
Ebenfalls im April wurde auf intellectures der grandiose Text »Trabanten und Schnapskirschen« veröffentlicht, der einen umfangreichen Überblick über Literatur aus der Feder ostdeutscher Autorinnen und Autoren nach 1989 gibt. Unbedingt lesen!
Eines der Bücher, über die in Leipzig viel gesprochen wurde, war »Mindset« von Sebastian Hotz. Ich muss gestehen, dass mich dieser Roman nicht sonderlich interessiert, aber die Gastrezension von Matthias Warkus in Katharina Herrmanns Blog Kulturgeschwätz habe ich sehr gerne gelesen.
Der 23. April ist bekanntlich der Welttag des Buches. Gerade in Spanien hat es mit diesem Datum noch mehr auf sich; im Blog e-script.de von Ulf Brossmann gibt es einen schönen Text dazu.
Im April fand die Poetica statt, ein mehrtägiges Festival für Weltliteratur der Universität zu Köln. Zu Gast waren dieses Jahr Daniela Danz (Deutschland), Logan February (Nigeria), Lionel Fogarty (Australien), Kim de l’Horizon (Schweiz), Kateryna Kalytko (Ukraine), Els Moors (Belgien), James Noël (Haiti), Patti Smith (USA), Sukirtharani (Indien) und Zheng Xiaoqiong (China). Mit ihrem Blog Bücheratlas haben Martin Oehlen und Petra Pluwatsch die diesjährige Poetica begleitet; unter dem hier verlinkten Text findet man die Hinweise auf die anderen Beiträge.
»Literatur darf niemals Instrument des Politischen werden«: Im Blog Litaffin gibt es ein sehr lesenswertes Interview mit Claassen-Programmleiterin Miryam Schellbach.
»Verbrechen und Strafe« von Fjodor M. Dostojewskij ist ein Werk, das ich in der »neuen« Übersetzung von Swetlana Geier begeistert gelesen habe (die Anführungszeichen deshalb, weil die Neuübersetzung 1993 veröffentlicht wurde, vor genau 30 Jahren). Umso mehr habe ich mich über den Beitrag im Blog Bücherbriefe von Eugen Tews gefreut, in dem es genau um dieses Werk geht. »Verbrechen und Strafe«, seinerzeit im Ammann Verlag erschienen, ist übrigens das einzige Buch, das ich jemals auf einer Buchmesse gestohlen habe. Versehentlich. Aber das ist eine andere Geschichte …
Da wir gerade bei Klassikern sind: am 20. April war der Todestag von Abraham »Bram« Stoker. Kein runder, aber trotzdem ein guter Grund für einen Blogbeitrag auf literaturundfeuilleton.
Petra Wiemanns Blog Elementares lesen ist eine einzigartige Frundgrube für Sachbuch-Empfehlungen. Sehr interessant klingt zum Beispiel die Besprechung von »Die Vermessung der Berge« von Blandine Pluchet.
Geschichte wiederholt sich nicht, aber dafür ist es wichtig, sie zu kennen. Das Jahr 1923 war ein Schicksalsjahr – was können wir heute, genau ein Jahrhundert später daraus lernen? Im Blog Bücherherbst gibt es eine Rezension des Buches »1923 – ein deutsches Trauma« von Mark Jones, die sich mit genau dieser Frage beschäftigt.
»Ein Buch, das außer dir alle gemocht haben?« Oder: »Ein Buch, in dem du gern leben würdest?« – das sind nur zwei von insgesamt 15 Buchfragen, die im Blog Wissenstagebuch von Jana Miklaw gestellt und beantwortet werden. Jede und jeder ist zum Mitmachen aufgerufen. Ich werde mich auf jeden Fall mit meinem Blog beteiligen, die Gedanken rattern im Kopf schon los. Spoiler: Es ist gar nicht so einfach.
Bei mir auf Kaffeehaussitzer stelle ich ein Buch aus dem Manesse Verlag vor, das ich vor sieben Jahren als Rezensionsexemplar erhalten habe. Und seit sieben Jahren schob ich die Besprechung vor mir her, denn dieses Werk hat ein wahres Gedankenkarussell in mir ausgelöst, in dem sich alles um Glauben, Religion und Spiritualität drehte. Und ich bin mir nicht sicher, ob es nun die richtigen Worte geworden sind.
Das war der Netzrückblick April 2023. Wir lesen uns wieder in vier Wochen – diesmal pünktlich.
Uwe Kalkowski ist seit über 25 Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Mitarbeiter verschiedener Verlage. Seit August 2019 arbeitet er als Produktmanager für den Eichborn Verlag in Köln. In seinem Blog Kaffeehaussitzer schreibt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse und stellt in der monatlichen Kolumne »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« auf buchmarkt.de lesenswerte Fundstücke aus den unterschiedlichsten Literaturblogs vor. »Vollkommen subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen Szene gar nicht geben«, wie er sagt.