Kaffeehaussitzers Netzrückblick Fundstücke aus den Literaturblogs – Januar 2023

Grau, grauer, Januar – der erste Monat des Jahres hat seinem Ruf alle Ehre gemacht, zumindest hier in Köln. Gut, dass die bunte Welt der Literaturblogs etwas Farbe in den Alltag gebracht hat; wieder einmal gab es vieles zu entdecken. Hier ein paar Leseempfehlungen, die ich für diese Kolumne ausgewählt habe.

»Wie funktioniert Literatur? Was passiert beim Schreiben und was beim Lesen? Welche Wirkung hinterlässt das Gelesene auf unterschiedliche Leser? Eine Antwort des Romans lautet,Wenn wir über sie sprachen, hatte ich den Eindruck, wir hätten völlig verschiedene Geschichten gelesen.‹« Dies ist ein Zitat aus der Rezension des Romans »In einer dunkelblauen Stunde« von Peter Stamm, veröffentlicht im Blog Atalantes Historien.

Wer sich bis jetzt noch nicht an ein Werk von Joshua Cohen herangewagt hat (ich zum Beispiel), dem könnte sein neuer Roman »Die Netanjahus« als Einstieg dienen – zu diesem Schluss kommt Stefan Härtel, selbst großer Cohen-Fan, in seinem Blog Bookster HRO.

Ein Schwerpunkt des Blogs Bücherbriefe ist die Besprechung von Klassikern. Im Januar erschien dort ein toller Text über »Paris, ein Fest fürs Leben« von Ernest Hemingway.

In einigen Literaturblogs ist der Blick in die Verlagsvorschauen des kommenden Halbjahres schon eine Tradition. So etwa im Blog Buch-Haltung, in dem Marius Müller eine feine Auswahl der kommenden Titel vorstellt. Und natürlich im Blog LiteraturReich, in dem Petra Reich in gewohnter Ausführlichkeit einen weiten Blick auf das nächste Halbjahr wirft – ich kenne keine gründlichere Auswertung der aktuellen Verlagsgprogramme. Vielen Dank dafür.

»Ich stapfe wie ein Nilpferd über Leichen« lautet der Titel eines Gedichts von Vladimir Koljazin. Der Lyriker und Germanist lebt in Moskau und positioniert sich gegen Putins Kriegsmaschinerie. Wolfgang Schiffer hat das Gedicht in seinem Blog Wortspiele auf Deutsch veröffentlicht.

Welches ist der einzige echt kafkaeske Roman, der nicht von Kafka stammt? Dies fragt der Autor Sören Heim in seinem gleichnamigen Blog. Und gibt gleich die Antwort darauf: »Rom« von Émile Zola.

Im Blog Zeichen & Zeiten von Constanze Matthes finde ich immer Besprechungen, in denen Bücher empfohlen werden, die ich daraufhin unbedingt lesen muss. Diesmal ist es »1923. Endstation – Alles einsteigen!« von Peter Süß.

Im Blog Wissensstagebuch berichtet Jana Miklaw über die Aktion #23für2023; also 23 Bücher, die sie in diesem Jahr lesen möchte. Auch zahlreiche andere Blogs beteiligen sich daran, die Liste findet man im Beitrag. Nun könnte ich mir persönlich niemals vorstellen, meine Lektüreauswahl in irgendeiner Weise zu planen, nicht einmal eine Woche im voraus, aber es macht Spaß, durch die Liste der Beteiligten zu klicken und zu schauen, welche Titel da so zusammenkommen.

»Ein wenig Leben« von Hanya Yanagihara ist für mich eines der überschätztesten Bücher der letzten Jahre. Daher habe ich mich sehr über die ausgewogene, aber kritische Rezension von Nina Milivojevic im Blog Litaffin gefreut.

Die Autorin Melanie Raabe wurde durch ihre raffinierten Thriller bekannt. Mit ihrem neuen Roman »Die Kunst des Verschwindens« hat sie das Genre gewechselt – und Bloggerin Elena Wiest ist von diesem Buch begeistert. In ihrem Blog Emerald Notes stellt sie es vor.

Auf Poesierausch schreibt Stefan Diezmann über den Roman »Die geheimste Erinnerung der Menschen« von Mohamed Mbougar Sarr; ein Werk, das in meiner Top-15-Liste des letzten Jahres auf keinen Fall fehlen durfte.

Es gibt eine neue Folge der Glockenbachwelle. Dies ist der Name einer Podcast-Reihe von Buchhändlerin Pamela Scholz und Bloggerin Stephanie Sack, die auf Nur Lesen ist schöner darüber berichtet. Zu Gast ist der Autor Achim Bogdahn. Unbedingt vorbeischauen bzw. -hören, es lohnt sich.

Sehr gefreut habe ich mich, dass es im Blog Bücherherbst nach einer Pause wieder weitergeht, die ersten neuen Beiträge sind online. Neu entdeckt habe ich den Literaturblog Ausgebucht mit einem schönen, klaren Design und einer spannenden Titelauswahl. Und die Seite Wolken und Kastanien von Renatus Deckert mit Texten, die mir sehr gut gefallen.

In meinem eigenen Blog Kaffeehaussitzer habe ich mir über das Thema Leselebenszeit Gedanken gemacht und ausgerechnet, wie viele Bücher ich mit einer statistischen Durchschnittslebenserwartung noch vor mir habe. Das hätte ich mal besser nicht gemacht, aber jetzt ist die Zahl in der Welt.

Das war es mal wieder, wir lesen in vier Wochen wieder voneinander.

Passen Sie auf sich auf.

Uwe Kalkowski ist seit über 25 Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Mitarbeiter verschiedener Verlage. Seit August 2019 arbeitet er als Produktmanager für den Eichborn Verlag in Köln. In seinem Blog Kaffeehaussitzer schreibt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse und stellt in der monatlichen Kolumne »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« auf buchmarkt.de lesenswerte Fundstücke aus den unterschiedlichsten Literaturblogs vor. »Vollkommen subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen Szene gar nicht geben«, wie er sagt.

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