Der Messe-Mayer Ganz langsam anfangen…

…muss man seine Leipzigmesse. Jemand, der mit diesem Satz ganz sicher nicht genannt sein will, obwohl er ihn durchweg lieb meinte, sagte:

„Das Schöne an der Buchmesse Leipzig ist, dass hier alles nicht so wichtig ist.“

Und das ist ja schön gesagt. Natürlich ließe dieser Satz auch genügend Raum für Entrüstung, wenn man ihn denn partout falsch verstehen will, aber das wollen wir jetzt mal nicht.

Leipzig heißt: Ich habe mir für heute morgen extra nicht den Wecker gestellt und ging irgendwann zur Messe. So würde niemals ein Frankfurtbericht anfangen. Aber ich hatte auch für heute keine Termine. Den Messe-Auftakt habe ich mir extra zum Rumhängen freigehalten.

Als ich die Messe betrat, wies mich eine strenge Maskottchenbewacherin darauf hin, dass ich das Maskottchen nur einmal fotografieren dürfe. Das habe rechtliche Gründe. Ich hatte gar nicht vor, das Maskottchen zu fotografieren; und streng genommen hatte ich es ja bereits gestern hier abgebildet, aber nun gut, Ordnung muss sein.

Einmal pro Tag muss ich.

Um das Aufpasspersonal zu verunsichern, weise ich auf den Watercooler hin, der neben dem Männchen steht. Wie oft ich denn den fotografieren dürfe? So oft ich wolle.

Anscheinend nicht bildlizenzpflichtiger Watercooler

Geil, in Frankfurt muss ich Eckhard von Hirschhausen fotografieren, und in Leipzig das Messemännlein und seinen Watercooler.

(Wenn die schon so auf ihr Messemännlein aufpassen, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie meinen Missbrauch des Doppel-Ms entdecken und verbieten.)

Willkommen zur Leipziger Buchmesse 2010.

Der Eröffnungstag war moderat. Fragen Sie mich bloß nicht, wieviele Leute hier waren. Das wird hier nicht gezählt. In Frankfurt wird gezählt. In Leipzig zählt man die Leute nicht. Man begrüßt sie.

Überschauberer Brutkasten

Das Begrüßen ist eine Tradition, die weder schön noch vermeidbar ist, außer natürlich in Leipzig, wo alle etwas entspannter sind. Wie zum Beispiel der gloriöse Holger Ehling, hier im Gespräch mit Kulturbeutel Prof. Dr. Theo Schäfer; oder, im folgenden Bild Verleger und BuchMarkt-Maskottchen Christian von Zittwitz im Gespräch mit Prof. Dr. Theo Schäfer. Sie wissen ja, wen Zittwitz immer alles so anschleppt auf solchen Messen. Das ist immer ein Händeschütteln und Kärtchentauschen!

Außer beim Ehling. Dem seine Karte habe ich ja schon. (Genitiv-Chic.)

Den sieht man öfter als Peter Hetzel
Immer was los bei uns am Stand

Am Stand enstpannen sich das Schreibbüro Karsten Tergast und unsere Achse des Wohlorganisierten, Nadine Lettke.

Schlenderjournalismus in Vollendung

Ebenfalls unentgrüßbar ist der liebe Klaus Baumgart, seines Zeichens jener verrückte Professor, der Lauras Stern erfunden hat, und der mich hier dabei ertappt hat, wie ich ihn fotografiere.

Tut hier so, als ob er arbeiten würde

Seinerseits ertappt habe ich Walter. Das ist der germanische Künstlername, den Waldo hier gerne in der Öffentlichkeit benutzt.

Genau, wo ist Walter, Waldo?
Können Sie ihn sehen?
Da ist er! Ich hab ihn!
Und bei Carlsen treibt er sich auch herum und führt ein Doppelleben.

Aber genug der Tändelei. Ich habe zwar heute keine Interview-Termine, aber als ich bei Carlsen diesen Titel sehe, wird der Journalist in mir wach:

Ob Reclam davon weiß?

Natürlich renne ich sofort zu Reclam und hüpfe aufgeregt und frankfurterisch vor dem Messestand auf und ab, aber die dortig zuständige Magdalene Heuer sagte, der Verlag fühle sich durch eine solche Hommage sehr geschmeichelt, und ich solle gefälligst wieder Leine ziehen.

Was Kadmiumgelb alles anrichten kann

Und das tue ich auch, denn anders kommt man auch gar nicht auf den Stand der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, denn er ist von gespannten Gummilitzen umhüllt. Durch die womögliche Metaphorik müssen Sie ganz alleine hindurch, denn ich bin bereits ausreichend mit den Gummilitzen beschäftigt.

Als nächstes treffe ich Martin Söffker von New Ground Publishing, der es sich in den Kopf gesetzt hat, Fix und Foxi zu relaunchen. Der Markt der Retro-Comics ist ein wackliges Feld: Yps ist gescheitert, Disney-Ehapa noch nicht, MAD schlägt sich tapfer, und nun kriegt Rolf Kaukas Rasselbande einen Projektmanager.

(Ich weiß schon, was Onkel Fax mit dem gemacht hätte…)

Aber Söffker meint es ehrlich und gut und gibt dem Heft ein Jahr lang Zeit zum Experimentieren, Wachsen und Laufenlernen. Es ist mehr ein Magazin als ein Heft, das nun ein ganzes Thema einkreist. Die Figuren sind noch ganz die alten, sie sind nur hässlicher gezeichnet, weil das modern ist. Das hat Söffker natürlich so nicht gesagt. Söffker hat gesagt, dass Wölfe nicht out sind, in der Schorfheide sei die Wolfspopulation neulich erst wieder angestiegen. Ich weiß nicht, ob sich Lupo davon beeindrucken ließe, aber ich durfe mir ein Heft mit nach Hause nehmen, wenn ich drei von Söffkers Zombies im Ringkampf besiege.

Die haben oben Fontanellen zum Atmen

Und das tat ich. Ich drücke dem Heft alle Daumen, denn Fix und Foxi war der einzige deutsche Comic mit eigenständiger Qualität.

Und apropos Qualität:

Da also auch?

Ich wusste gar nicht, dass das auch ein internationales Problem ist.

Und apropos Problem:

Ein rein binnensanitäres Problem ist vielleicht die großzügige Bereitstellung von Werbeflächen auf den Toilettenspiegeln.

Modell PMS, Damentoilette

Einen besonderen Raum nahm auch dieses Jahr wieder der Nonbook-Bereich ein, insbesondere was den technischen Fort- oder Sonstwohinschritt betrifft.

Einiges ist natürlich noch entwicklungsbedürftig. Oder vereinheitlichungsbedürftig, um es auf den Punkt zu bringen, warum die Firma Umbreit in der e-Book-Entwicklung noch viel Spielraum sieht. Der Käufer sei verunsichert wegen der vielen inkompatiblen Formate und Angebote.

Die lauernde EDV bei Umbreit

Aber der Kaffee bei Umbreit ist noch immer lecker. Die doofen e-Buch-Details hatten mich gar nicht so sehr interessiert. Die sollen sich erst mal alle eine einheitliche Lösung einfallen lassen, bevor ich da jemals wieder drüber berichte. Aber der leckere Espresso wird zumindest dafür sorgen, dass ich immer wieder nachfrage.

Ebenfalls ganz und gar fraglich scheint mir diese Win-Tafel:

Im gleißenden Licht eines Videobeamers (siehe Schlagschatten) muss man einen zittrigen Stift in rasender Langsamkeit über eine projizierte Tafel mühen. Das ist von flüssigem Schreiben noch weit entfernt, aber man kann sich insgesamt über prinzipielle Technik freuen.
In drei Jahren wird es das bestimmt auch in gut geben.

Zu den Siegern im Zubehör-Bereich gehören Nintendo, ein Massagebett, Herbert Paulerberg und Pikachu.

Nintendo, weil sie einen eigenen Stand auf der Buchmesse haben.

Tatsächlich. Argentinien, Schweiz, Nintendo.

Das Massagebett, weil es wirklich zu funktionieren scheint:

Die Kinder jedenfalls scheinen nicht fassen zu können (und genau deshalb immer wieder fassen zu wollen), wieviele tausend Noppen hier vibrieren.

Herbert Paulerberg hat es geschafft: Er braucht jetzt nicht mehr in die Auslagen zu klettern und den Hampelmann zu machen, er verkauft jetzt einfach das Original-Starter-Kit komplett mit Herbert-Paulerberg-Heißkleber-Schnauzer zu einem Preis, der zum Ernähren reicht.

und vorgekochtem Kaffee

Und was war noch? Ach ja, Pikachu. Ich weiß ja auch nicht.

Ich habe Angst, Mutter.

Die durchgeknallten Cosplayer nehme ich gerne hin und freue mich recht am Befremdlichen. Aber die Zunahme an seltsamen Ramschständen im Mangabereich sollte mich alarmieren.

Da hilft nur eines: ordentlicher Bohnenkaffee und frische Luft.

Und das wird auch Zeit.
schöner als am Wannsee

Der bewässerte Innenaußenbereich der Leipziger Buchmesse ist ein Fleckchen Erholung, das in Frankfurt seinesgleichen suchen kann. Die Übertragungs-Wohnmobile im Hintergrund tragen das ihre zur Urlaubsatmosphäre bei.

Und diese Pause hatte ich bitter nötig, denn am Nachmittag wird der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen. Ich habe mir zwar fest vorgenommen, diesmal nicht hinzugehen, aber schon der Gedanke an die bloße Nachbarschaft dieses Ereignisses macht mich müde. Sehe ich gar nicht ein. Stundenlang im Gedränge stehen und nichts mitkriegen, das kann ich auch alleine in meinem Hotelzimmer haben, nur ohne Gedränge.

Die Redaktion wird es sicherlich auch googeln, da gehe ich jede Wette ein.

Ich zeige Ihnen wenigstens noch einen Kamerakran:

toll, ein Kamerakran

Und die Bühne, kurz bevor sie vollgemacht wird:

wow, die Bühne

Mehr als die Hälfte der vorhandenen Sitzplätze waren ohnehin reserviert für die ganzen Wichtigen bei der Messe, bei der ansonsten alles nicht ganz so wichtig ist.

Sniper-Perspektive
Foto nicht erlaubt

Wer wohl gewonnen hat?

Bestimmt nicht die Helene „Xerox“ Hegemann.

einer ist echt, die restlichen kopiert

Wenn etwas vom roten Teppich übrig ist, könnt Ihr mir ja ein Stück aufheben. Ich mache mich jedenfalls nun auf den Heimweg, vielleicht kann ich im mdr noch das Ende der Preisverleihung sehen.

Liegt vielleicht auch noch irgendwo ein bisschen Buchpreis herum?
Das ist doch nicht Georg Klein?

Auf dem Weg nach draußen fotografiere ich noch schnell den Ültje-Mann ein drittes Mal, ätsch, und damit kann mein Tag enden.

Fiel mir bisher gar nicht auf, dass der Krücken hatte.

Es freut sich auf den Freitag

Ihr
Matthias Mayer

herrmayer@hotmail.com
www.HerrMayer.com

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