Wenn es so weitergeht, wird es Elke Heidenreichs ZDF-Sendung „Lesen!“ wohl nicht mehr sehr lange geben

Elke Heidenreich weckt für die Titel, die sie in ihrer ZDF-Sendung „Lesen!“ vorstellt, bei Kunden und Lesern ein kaum mehr spürbares Interesse bei Buchkäufern und –Lesern – jedenfalls nicht, so weit es Vorstadt- und Stadtteilbuchhandlungen betrifft. So stellte Volker Hasenclever während der letzten Wochen in Nordrhein-Westfalen fest.

Schon ein Blick auf die Titelliste der letzten Sendung gibt einen ersten Hinweis, warum das so sein könnte. Elke Heidenreich hat – mit John von Düffel, Markus Werner, Knut Hamsun, Terézia Mora, mit Mörike und Arno Schmidt gute Autorinnen und Autoren ausgewählt, gewiss. Die Werke sind zweifelsohne allesamt würdig und gut. Doch es handelt sich um eine Mischung, wie sie für überregionale Feuilletons, für Hörfunk-Nachtstudios oder TV-Sendungen der Dritten Programme typisch wäre. Ein Mix, das vornehmlich Kulturkreise ansprechen dürfte, die im wesentlichen in Metropolen und Grosstädten zuhause sind. Titel, deren eigentliches „Marktsättigungsspotential“ – von Terézia Mora oder Markus Werner einmal abgesehen – wohl eher unter als über 5.000 Exemplaren liegt.

Es scheint, dass Elke Heidenreich nach ihrem anfänglichen Publikumserfolg doch gegenüber dem diskreten Charme der Einflüsterungen von Literaturkritikern und –verlegern hilflos ist. Ihrer Glaubwürdigkeit bei den vielen, vielen Gern-Lesern, die sie geradezu beschwören wollte zu lesen, tut das Abbruch. So kann das nicht gut gehen. Wetten, dass die Zuschauerzahlen weiter bröckeln?

Mir kam bei Gesprächen in München und Zürich – unter Verlagsleuten und Journalisten, die Elke Heidenreichs ursprüngliche engagierte Linie sehr hoch schätzten – immer wieder eine andere Kritik zu Ohren, teils in tiefer Sorge um sie persönlich, teils in so scharfen Worten, dass ich sie verbatim hier insgesamt nicht wieder geben möchte. Sie hatten bei Elke Heidenreich die liebevolle, persönliche Kommentierung der Bücher bewundert. Inzwischen stört sie, was sie als mangelhafte Vorbereitung empfinden. Sie sind entsetzt über den neuen „schnoddrigen“ Ton, das kurzatmige Abhaken von zu vielen Titeln, mit dem arroganten Tenor: „Ich weiss, was ihr lesen müsst. Ich habe es gar nicht nötig, euch zu sagen, was in den Büchern steht, worin deren Reiz besteht. Es reicht, wenn ich sage, dass ihr sie lesen müsst. Also lesen: Lesen! Lesen.“ So etwas untergräbt die Glaubwürdigkeit der Präsentation. So etwas schafft keine Orientierung in der Novitätenflut.

Und ihre Gäste lässt Elke Heidenreich auch kaum zur Entfaltung kommen. selbst so prominente wie Joschka Fischer nicht. Warum stellt das ZDF ihr keinen Programmregisseur zur Seite, der sie vor solch fundamentalen Fehlern bewahrt; der ihr hilft?

Wenn das so weitergeht, wird die Sendung „Lesen!“ nicht mehr sehr lange leben. Und bei der Absetzung gibt es dann wieder das alte Geschrei, dass das Fernsehen sich der Literatur und dem Buch verweigert; dass Fernsehen und Buch nicht zusammen passen. Was – siehe die USA, siehe Grossbritannien und auch Frankreich – nur das elende Getön einer zu sehr auf Selbstdarstellung erpichten deutschen E-Klasse ist, die sich weigert, mit dem Buch aufs Fernsehen einzugehen – um des Buches, um der Zuschauer willen, die solide unterhalten werden wollen. Es ist wirklich ein Jammer.

Gerhard Beckmann sagt hier regelmäßig seine Meinung (ältere Kolumnen finden sie über die Archiv Funktion)… und freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de. Natürlich können Sie diese Kolumne auch im BuchMarkt-Forum diskutieren. Einfach oben auf der Seite den Button „Forum“ anklicken, einloggen und los geht‘s.

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