Gerhard Beckmanns Meinung – Sollen jetzt auch noch die Autoren für überhöhte Buchhandelsrabatte bluten?

Die von Amazon, Thalia oder Weltbild geforderten überhöhten Rabatte minimieren die ohnehin meist sehr bescheidene Rendite der Publikumsverlage auf eine fast Existenz gefährdende Weise. So, wie deren Folgen zunehmend die Existenz der mittleren und kleineren Buchhandlungen bedrohen. Das hatte meine Reportage im Spiegel Spezial Bücher vor der Buchmesse detailliert dargestellt. In diesen Zusammenhang ist nun aber noch auf eine andere Entwicklung aufmerksam zu machen. Sie betrifft die Autoren..

Der Renninger Buchhändler Peter Jakobeit, Vorsitzender des baden-württembergischen Sortimenterausschusses, hat darauf hingewiesen: Zur Kompensation der Forderungen der großen Handelsunternehmen „bedienen die Verlage sich ein wenig bei ihren schwächeren Handelspartnern, indem sie ihnen schlechtere Konditionen aufdrücken“. Eine ähnliche Tendenz beginnt sich nun auch für Autorenverträge abzuzeichnen.

Dass die Verlage für neue Titel inzwischen tendenziell geringere Vorschüsse bieten, ist eine Sache. Es trifft manche Autoren hart. Aber in puncto solcher „Vorkasse“ von (nicht rückzahlbaren) Garantiesummen auf künftige Honorareinnahmen hatten Verlage nicht selten spekulativ und leichtfertig gehandelt. Das war gelegentlich sogar richtig dumm. Gegen ein bisschen mehr Bodenhaftung ist da prinzipiell nichts einzuwenden.

Dass Verlage darüber hinaus nun aber massiv an den bisher üblichen Honorarstaffeln zu drehen beginnen, steht auf einem anderen Blatt. Das stinkt.

So ist es etwa seit Jahren Standard für Taschenbücher, die einer Hardcover-Ausgabe folgen, für die ersten 25.000 Exemplare eines Werkes sechs Prozent vom Ladenpreis (minus Mehrwertsteuer) zu zahlen, sieben Prozent für den Verkauf bis zu 50.000 Exemplaren, acht Prozent bis 75.000, neun Prozent bis 100.000 Exemplare und darüber hinaus zehn Prozent. (Dieser Standard ist übrigens sogar für die niedrigpreisigen Titel der sz-Bibliothek und der Bild Bestseller-Bibliothek im wesentlichen eingehalten worden.) Für TB-Originalausgaben sind ein Prozent weniger üblich.

Nun will aber der Verlagsleiter eines großen Konzerns die oben erwähnte Staffel partout auf fünf bis sieben Prozent drücken. Und ein Verlagschef eines anderen Konzerns will für preisgünstige Taschenbücher plötzlich – man höre und staune – nur mehr drei bis vier Prozent geben. Das bedeutet eine drastische Reduktion der Erfolgsbeteiligung von Autoren.

Es kommt noch schlimmer. Die Fälle häufen sich, dass Verlage beim Manuskript-Angebot einer Agentur hinter dem Rücken des Agenten direkt mit dem Autor verhandeln – so etwas ist unlauter. Ganz arg wird es, wenn solche Verlage diesen Autoren, die sich in Vertragsdingen gewöhnlich wenig auskennen, dann einen Vertrag mit neuen, unüblichen Klauseln schicken, die den Autor schlichtweg übervorteilen.

Wie gesagt: Diese neue Entwicklung steht im Zusammenhang mit überhöhten Rabatten an Großbuchhändler – man versucht, sich beim Schwächeren zurückzuholen, was man bei Mächtigen verkneift.

Es gibt allerdings einen zweiten Zusammenhang mit den laufenden Verhandlungen zwischen den Verlagen und der deutschen Autorengewerkschaft bei verd.i. Man versucht offenbar, bisher übliche Standards nach unten zu drücken, um eine bessere Verhandlungsplattform zu gewinnen. Vertrauensbildend wirkt das nicht.

Die Autoren sind innerhalb des Buchgewerbes die Ärmsten der Armen. Sie zu täuschen, sie zu kujonieren, ist des Verlegerstandes unwürdig. Und klug ist es auch nicht. Wenn Verleger heute oft klagen, dass immer mehr Autoren sich von Agenten vertreten lassen und die Agenten zu viel fordern, so ist zu bedenken: Allzulang sind die meisten unserer Verleger im Direktgeschäft mit Autoren einseitig auf ihren Vorteil bedacht gewesen. Sie haben die Autoren damit förmlich in die Arme der literarischen Agenten getrieben. Und wenn sie mit Manövern wie den oben erwähnten vermehrt Stimmung gegen Agenten machen, werden sie sich am Ende auch wieder selbst beschädigen.

„Natürlich gibt es für Autoren nicht immer die gleichen Tantiemensätze. Die hat es nie gegeben – ein langbewährter Bestseller-Schriftsteller zum Beispiel bekommt mehr als ein Debutant“, sagt Georg Reuchlein, Chef von Goldmann in der Verlagsgruppe Random House. „Und die Handelsmargen sind bedenklich schmal geworden. Wir dürfen deshalb aber nicht, und wir wollen das Konditionengefüge für Autoren auch nicht verschlechtern.“

Solche Haltung, die eigentlich für alle Verlage selbstverständlich sein sollte, wird von Agenturen und Autoren zunehmend positiv vermerkt.

Gerhard Beckmann sagt hier regelmäßig seine Meinung … und freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de. Natürlich können Sie diese Kolumne auch im BuchMarkt-Forum diskutieren. Einfach oben auf der Seite den Button „Forum“ anklicken, einloggen und los geht‘s.

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