Christoph Heiden über seinen Krimi "Nacht im Kopf" (Gmeiner) „Ich finde, dass gute Geschichten von Figuren geformt werden, auch im Krimi“

Im Special Krimi (Dezember-BuchMarkt, ab Seite 72) haben wir Ausnahme-Krimis vorgestellt, die es verdienen, im Handel sichtbar gemacht zu werden. Krimis, die eben nicht mit Cliffhängern und immer brutaleren Plots überzeugen, sondern jenseits des Mainstreams für spannende Überraschungen sorgen. Zu diesen Krimis zählt auch Christoph Heidens Nacht im Kopf (Gmeiner). Hier gerät eine Dorfgemeinschaft außer Rand und Band. Anlass für Fragen:

Christoph Heiden: „Mord und Totschlag bleiben nicht außen vor. Aber sie dienen nicht dem Selbstzweck. Sie sind das Ergebnis einer Schieflage, die uns alle betrifft und in diesen Tagen nicht mehr wegzudenken ist“

BuchMarkt: Worum geht es in Ihrem Krimi?

Nahe Kuxwinkel, einem unbedeutenden Dorf in Brandenburg, soll eine Gigafactory für Elektroautos hochgezogen werden. Das schürt bei den Einheimischen Ängste und Hoffnungen, vor allem aber dieses unangenehme Gefühl, einer ungewissen Zukunft ausgeliefert zu sein. Als die Entdeckung eines Hobby-Botanikers den Bau zu gefährden droht, nehmen die Kuxwinkler das Schicksal selbst in die Hand. Es geht um blinden Aktionismus und Selbstbestimmung.

Sie beschreiben also das Provinzleben zwischen Aufschwung und Irrweg?

Ja, genau. Für einige entpuppt sich der vermeintliche Aufschwung letztlich als Irrweg. Andere wiederum finden über Irrwege zum erhofften Aufschwung. Was zwischen den beiden Gruppen geschieht, ist für mich das eigentlich Spannende.

Wie entstand die Idee darüber zu schreiben?

Als eifriger Zeitungsleser stieß ich natürlich auf die vielen Artikel über die Teslafabrik in Grünheide. Der Bau interessierte mich allerdings eher weniger. Vielmehr war ich von der Stimmung fasziniert, bevor der erste Baum gefällt worden ist. Die Gesellschaft war sofort polarisiert, was sie bis heute ist. Auch in meiner Familie wurde über die Fabrik heftig diskutiert.

Was unterscheidet Ihr Buch von „herkömmlichen“ Krimis?

Mord und Totschlag bleiben nicht außen vor. Aber sie dienen nicht dem Selbstzweck. Sie sind das Ergebnis einer Schieflage, die uns alle betrifft und in diesen Tagen nicht mehr wegzudenken ist. „Nacht im Kopf“ ist im Hier und Jetzt verankert.

Finden Sie es also gar nicht so wichtig, dass der Mord und die Ermittlung im Fokus eines Krimis stehen?

Für den Moment der Spannung ist beides eine wichtige Stütze, für die Geschichte selbst nur bedingt. Ich finde, dass gute Geschichten von Figuren geformt werden, auch im Krimi.

Kommt das denn wohl beim Leser gut an?

Ich denke schon. Zumindest würde ich das aufgrund der Resonanz behaupten, vor allem zu dem Vorgängerband Zurück im Zorn, der immerhin für den Glauser in der Sparte Roman nominiert war.

An welcher Leserschaft richtet sich das Buch?

An alle, die sich von einem Krimi nicht nur Ablenkung erhoffen. Leser und Leserinnen, denen eine polarisierte Gesellschaft genauso viel Unbehagen verursacht wie mir. Ein Faible für grantigen Humor kann beim Lesen nicht schaden.

Mit welchem ARGUMENT kann der Buchhändler das Buch im Laden gut verkaufen?

Larifari bekommst du woanders. Lese lieber Nacht im Kopf!

Welche drei Wörter beschreiben die Story perfekt?

Hoffnung. Waffen. Nostalgie.

Welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie dennoch gerne beantwortet?

Wie sah es für dich mit Lesungen dieses Jahr aus?

Hier können Sie dies tun:

Ich hatte leider nur zwei Lesungen vor einem kleinen Publikum. Diese beiden Ereignisse waren für mich sehr wichtig, denn der Kontakt zu Lesern und Leserinnen gibt mir als Autor Kraft und auch die Motivation, mich wieder an den Schreibtisch zu setzen. Ich drücke die Daumen, dass es nächstes Jahr in dieser Hinsicht besser aussieht.

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