Ulla Lenze wird mit dem Niederrheinischen Literaturpreis der Stadt Krefeld 2020 ausgezeichnet. Der mit 10 000 Euro dotierte Preis wird am 6. September an die gebürtige Mönchengladbacherin, Jahrgang 1973, im historischen Ratssaal verliehen. Das einstimmige Votum der Jury würdigte ihre fünf Romane, in denen Ulla Lenze durch eine subtile, hochdifferenzierte Charakterisierung von Städten und Menschen beeindruckt habe. Ihre Fähigkeit, Atmosphären und Stimmungen mit Gedanken und Reflexion zu verknüpfen, rage in der deutschen Literatur heraus. Es ist die 25. Verleihung des Preises, der im Zwei-Jahres-Rhythmus vergeben wird. Bisherige Preisträger sind unter anderem Elke Schmitter, Burkhard Spinnen, Hans Neuenfels und Hans Pleschinski.
Ulla Lenze studierte in Köln Schulmusik und Philosophie. Ihrem ersten Roman „Schwester und Bruder“ (2003) folgten „Archanu“ (2008), „Der kleine Rest des Todes“ (2012), „Die endlose Stadt“ (2015) und zuletzt „Der Empfänger“ (2020). Die vielfach mit Preisen und Stipendien ausgezeichnete Autorin erhielt zuletzt den Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft (2016). Sie lebte und schrieb zeitweise in Venedig, Mumbai, Damaskus und Istanbul. Ihr heutiger Wohnsitz ist Berlin.
Nach Einschätzung der Jury vereint Lenze in ihrem neuesten, bei Klett-Cotta erschienenen Roman „Der Empfänger“ ihre literarischen Qualitäten. Die Handlung spielt zwischen den 1920er- und 1950er-Jahren in New York, Neuss am Niederrhein und Südamerika. Es ist die Geschichte eines deutschen Auswanderers mit sehr wenig Eigenschaften, der eine Großstadt wie New York und das Bauen von Radio-Empfängern genießt. Fast willenlos gerät er in die Maschinerie der Auslandsspionage unter dem Hitler-Regime und nach dem Zweiten Weltkrieg feststellen muss, wie fremd ihm die einstige Heimat am Rhein geworden ist. „Der auch von der Kritik hoch gelobte Roman blättert Facetten der deutschen Geschichte auf, die literarisch bislang unterbelichtet waren, und er fesselt mehr durch seine farbige, abwechslungsreiche Erzählkunst als durch seinen notwendigerweise blassen Anti-Helden“, so die Jury in ihrer Begründung.