Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Dieser Roman bleibt ein gruseliges Rätsel“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

„Vom Schwummeln, Schwuppen und Schwippen“: Darauf ein Seebier: Die neueste Lieferung des Goethe-Wörterbuchs ist ein Fest für alle an der Sprache Interessierten. Zu welchem Verb gibt es darin wohl über elftausend Archivbelege? „Dass die Arbeit an dem 1946 von dem Gräzisten Wolfgang Schadewaldt begründeten Goethe-Wörterbuch noch nicht abgeschlossen ist, mag die Geldgeber in Unruhe versetzen – für alle anderen aber ist es ein Grund zur Freude. Denn das heißt auch, dass immer noch regelmäßig „Lieferungen“ mit den neuesten Wortartikeln veröffentlicht werden, und diese Lieferungen sind ein besonderer Glücksfall, da sie einen frischen, unbefangenen Blick auf eine begrenzte Anzahl von Lemmata ermöglichen.“

„Gefangene der Schutzmittelsituation“:

 

Kammerspielartig entfaltet sich der Schauer: Susann Krellers Roman Salzruh. „Das Ende des Romans, über das hier selbstverständlich nichts verraten werden soll, ist überraschend und gönnt den Lesern zwar ein paar Erklärungen dessen, was passiert ist. Doch vom Schauer erlöst Kreller uns deshalb noch lange nicht. Dieser Roman bleibt ein gruseliges Rätsel, bis zum Schluss.“

  • Susann Kreller, Salzruh (Schöffling & Co.)

„Klangteppich“: Jan Röhnert belauscht und beschaut in Erdtagzeit die Welt poetisch genau. „Wenn Jan Röhnert seiner großen Wanderleidenschaft folgt, geht es über Strecke und Ziel hinaus stets um genaueste Wahrnehmung der Natur vor, neben und über ihm. Diese Sinnlichkeit oder Ais­thesis in der ursprünglichen Bedeutung von Ästhetik spricht aus vielen seiner neuen Gedichte mit dem kunstwörtlichen Titel Erdtagzeit.“

  • Jan Röhnert, Erdtagzeit. Gedichte. (Edition Faust)

„Leuchtturm im aufgewühlten Theatermeer“: Der vor einem Jahr verstorbene Theaterintendant Jürgen Flimm denkt in seinen nicht vollendeten Memoiren über Triumphe, Erfolgsdruck und üble Seilschaften nach. „Unter dem bei Johann Sebastian Bach entlehnten Titel Mit Herz und Mund und Tat und Leben sind nun Flimms Erinnerungen erschienen, die er nicht mehr vollenden konnte, denn er starb am 4. Februar 2023. So sind es ein bisschen unordentliche und fragmentarische Memoiren geworden, oft durch Zeit und Raum und von Stück zu Stück springend, aber stets auf die Kunst konzen­triert. Dieser große Theaterliebhaber stellte sich nie über die Werke, die er auf die Bühne brachte, sondern wollte sie möglichst nach den Intentionen ihrer Schöpfer interpretieren.“

  • Jürgen Flimm, Mit Herz und Mund und Tat und Leben. Erinnerungen. (Kiepenheuer & Witsch)

„Fröhliche Misanthropin“: Die Dichterin als fröhliche Misanthropin: Sarah Kirschs Tagebuch aus dem Jahr 1990. „Sarah Kirsch hat 1990 ihren Frieden mit sich, Deutschland und der Welt gemacht, soweit man das als denkender Mensch überhaupt tun kann. Und so gerne man für die kurze Zeit, die es dauert, diesen schmalen Band zu lesen, die Weltflucht mit ihr antritt und dem friedlichen ­Blöken der Schafe lauscht, hat man doch den Eindruck: Danach kann literarisch eigentlich nicht mehr viel kommen.“

  • Sarah Kirsch, „Der Sommer fängt doch so an!“. Tagebuch 1990. (Steidl Verlag)

„Wer’s glaubt“: Ist es wichtig, immer die Wahrheit zu kennen? In Nathan Hills Gesellschafts­roman Wellness entscheidet sich ein Paar in der Krise lieber für die bessere Geschichte. „Mit Wellness baut Hill den nächsten saftigen Gesellschaftsroman, führt in die Psychologie der Autosuggestion, durch amerikanische Geschichte, das Internet, teilt Expertenwissen über Farming in Kansas. Er springt in den Zeiten hin und her und sorgt penibel dafür, dass alles psychologisch begründet ist.“

  • Nathan Hill, Wellness. Roman. (aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren und Stephan Kleiner; Piper)

„Fataler Selbstbetrug“: Der Kinofilm „Parasite“ war ein Hit, aber warum interessieren sich im echten Leben so wenige Menschen für Klassen­fragen? Der Soziologe Erik Olin Wright hat ein erhellendes Buch zu der Frage geschrieben. „Die graue Eminenz hinter dem Comeback der Klassentheorie im 21. Jahrhundert ist der 2019 gestorbene amerikanische Soziologe Erik Olin Wright. Dass die Chancen auf Wohlstand, Einfluss und Privilegien weder zufällig noch leistungsgerecht verteilt sind, ist der Kern von Wrights Überlegungen in seinem Buch Warum Klasse zählt. Wer würde dem nach der Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte ernsthaft widersprechen?“

  • Erik Olin Wright, Warum Klasse zählt. (Suhrkamp)

„Wenn Mütter trauern“: Volker Sommers Affen – Ein Portrait erzählt von erstaunlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen. „In der nicht genug zu preisenden, von Judith Schalansky herausgegebenen Reihe „Naturkunden“ des Verlages Matthes & Seitz, ist jetzt sein kleiner Band Affen erschienen. Keine 150 Seiten kurz mit vielen Abbildungen und Ausflügen in die ganz normalen Absurditäten des Geschlechtslebens. Man muss die Verhältnisse nur genau beobachten, dann entdeckt man den Zusammenhang von Geschlechterorganisation und Hodengröße oder Penisform.“

  • Volker Sommer, Affen – Ein Portrait (Matthes & Seitz)

 

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