VFLL und avj kritisieren Pläne der Grünen, Schutzfristen zu verkürzen

„Wir brauchen moderne Lösungen, die die legitimen Interessen aller an Kunst und Publizistik aktiv Mitwirkenden schützen.“ Mit dieser Forderung reagiert der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL) auf den gegenwärtigen Konflikt zwischen der sogenannten Netzpolitik und der Kulturpolitik. Auch die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) hat sich mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet.

Der VFLL warnt die Parteien davor, „sich auf Kosten der Künstler und Publizisten als vorgebliche Modernisierer profilieren zu wollen“. Hintergrund sind die strittigen Forderungen von Bündnis 90/Die Grünen zu einer „Anpassung der Gesetzeslage an die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft“. So hieß es vonseiten der Grünen, es solle „eine Lösung gefunden werden, die den Zugang der Verbraucher zu urheberrechtlich geschützten Werken erleichtert, ohne die Rechte der Urheber unverhältnismäßig zu beeinträchtigen“ [mehr…].

Demgegenüber fordert der VFLL: „Die Rechte der Urheber und anderer am Schaffensprozess Beteiligter dürfen überhaupt nicht beeinträchtigt werden! Es ist das legitime Interesse aller Kulturschaffenden, für ihre Arbeit gerecht bezahlt zu werden. Das gilt für Autoren ebenso wie für Lektoren, Illustratoren, Redakteure, Übersetzer usw. Bei einer möglichen Anpassung der Rechtslage an die zukünftigen Realitäten der digitalen Gesellschaft müssen diese Rechte gewahrt und ausgebaut werden. Alles andere schadet nicht nur den Kulturschaffenden, sondern auch der Kultur und somit der Gesellschaft insgesamt.“

Die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) hatte bereits am Freitag Stellung zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Mehr Demokratie ist die Lösung – Netzpolitik“ auf der Bundesdelegiertenkonferenz genommen: „Auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Partei Bündnis 90/Die Grünen am 25.-27.11.2011 in Kiel soll nach Absicht Ihres Bundesvorstands der Antrag D-02 ,Mehr Demokratie ist die Lösung – Netzpolitik‘ verabschiedet werden. Der Vorstand der avj hat sich in einem Schreiben an die Vorsitzende Claudia Roth gewandt mit der dringenden Bitte, diesen Antrag so nicht zu verabschieden.“

Im Brief der avj heißt es u.a.: „Unter dem freundlich und gerecht klingenden Anspruch, ,einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der UrheberInnen und UserInnen‘ herbeizuführen, leisten Sie der Denkhaltung Vorschub, die da meint, jegliche ,kommerzielle‘ Verwertung von medialen Inhalten im Netz sei ein Ausdruck gestriger und damit nicht demokratisch zeitgemäßer Rechts- und Gesellschaftsmodelle.“

Dem entgegnet die avj: „Das Urheber- und Verlagsrecht dient dem Schutz der berechtigten Interessen von Urhebern und Verwertern unabhängig von der medialen Form. Ebenso wenig wie die analoge Nutzung von Urheberrechten durch pauschale Honorierungen vernünftig geleistet werden kann, wird das bei der digitalen Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken funktionieren. Wer Schriftsteller, Illustratoren, Buchgestalter, Übersetzer und andere Kreative unter den Zwang einer ,befristeten Exklusivität der Nutzungsmöglichkeiten‘ setzt, beraubt sie – wie ihre Partner auf der Verwertungsseite, die Verlage – sowohl entscheidender Faktoren der Vertragsfreiheit sowie der Perspektive, mit einem gewissen zeitlichen Horizont planen, arbeiten und Erlöse erzielen zu können.

Kultur-Flatrates bedeuten eine Enteignung der Urheber und machen sie von öffentlichen Zuwendungen abhängig. Das eine wie das andere würde nichts als eine Verflachung des Angebots bewirken. Kinder und Jugendliche müssen vor Gesetzesbrechern (sowie vor sensationslüsterner Gewalt und politischer Manipulation) geschützt werden, in der wirklichen Welt wie in den Medien. Als Urheberrechtsbrecher im Netz treten Großkriminelle, Kleinkriminelle und Ahnungslose auf. Letztere will niemand ,kriminalisieren‘, aber gerade weil die Verschleierungs- und Umgehungstechniken im Internet so vielfältig sind, muss den organisierten Verletzern des Urheberrechts mit rechtstaatlichen Mitteln das Handwerk gelegt werden.“

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert