Der andere Fragebogen Wie war Ihr Jahr, Alyna Wnukowsky?

Seit Nikolaustag fragen wir wieder bis zum 6. Januar 2024 (Heilige Drei Könige) in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“. Heute beantwortet  Alyna Wnukowsky (Geschäftsführerin Libri) unseren „anderen“ Fragebogen: 

Alyna Wnukoswky

Welcher Tag war Ihr schönster diesem Jahr?

Der erste Tag des Libri Campus live in Bad Hersfeld. So viele Buchhändler*innen, die alle zusammenkommen, um sich auszutauschen – dieses Jahr zum Thema „Generation Book“. Die Tatsache, dass junge Menschen wieder mehr lesen beziehungsweise richtige Bücherfans sind zusammen mit der damit verbundenen guten Stimmung, haben mir das Gefühl gegeben: „Das wird eine gutes Buchjahr!“ Und bisher – wir hoffen natürlich auf ein gutes Weihnachtsgeschäft – hat das tolle Programm ja dazu beigetragen, dass es im Großen und Ganzen ja auch so war.

Worüber haben Sie sich 2023 am meisten geärgert?

Über die Ergebnisse der IGLU-Studie. Ein Viertel der getesteten Schüler*innen der vierten Klassen können nicht sinnentnehmend lesen. Sie sind damit nachhaltig daran gehindert, erfolgreich weiter zu lernen. Das ist nicht nur ärgerlich für unsere Branche, das ist eine Tragödie für unser Land!

Was war 2023 Ihr schönster Erfolg?

Dass wir auch dieses Jahr wieder als zuverlässiger Partner empfunden werden – weil unsere Qualität im Großen und Ganzen stimmt. Und dass damit viele Partner sich entschlossen haben, weiter erfolgreich mit uns zusammen zu arbeiten – gemeinsam mit unseren Neukunden, von denen einige neue Gründungen sind!

Und Ihr traurigster Misserfolg war?

Jeder einzelne Moment, wenn Kunden und Partner länger auf Ihre Bücher warten mussten, als von uns angekündigt. Wir ärgern uns über jedes verspätete Buch!

Ihre schönste Buchhandlung/Ihr liebster Verlag in diesem Jahr?

Ich habe leider nicht genug Zeit, alle Buchhandlungen zu besuchen. Allen, die mir einen Einblick gegeben haben, danke ich von Herzen! Stellvertretend möchte ich zwei Buchhandlungen nennen, die ich
quasi vor meiner Haustür habe und die beide ganz fantastisch beraten: Danke an die Buchhandlung Wassermann und an Heymann in Hamburg!
Und mein liebster Verlag für dieses Jahr ist Edition Riedenburg. Ein wunderbarer kleiner Sachbuch- und Ratgeber-Verlag aus Salzburg, der sein gesamtes Sortiment nachhaltig im Print on Demand produziert und ausliefert. Vielen Dank für die BoD-Treue!

Von welchem Thema wollen Sie (warum) im kommenden Jahr nichts mehr lesen?

Ich habe in diesem Jahr sehr viel über die Zeit von 1933 bis 1945 und über das, was wir als Land verbrochen haben, gelesen – unter anderem in beeindruckenden Romanen wie „Die Postkarte“ von Anne Berest. Die Vergangenheit muss wachgehalten werden, um aus ihr zu lernen, aber das Heute bestimmt unser Handeln. Aus diesem Grund würde ich mich im nächsten Jahr lieber auf das Heute konzentrieren und mehr über das Lesen, was aktuell wieder so sichtbar geschieht, denn das ist alarmierend: Nie wieder ist jetzt!

Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?

Eben über den heutigen in der Gesellschaft wieder so offen zur Schau getragenen Antisemitismus. Wir müssen noch viel mehr über dieses Thema schreiben, lesen und sprechen. Wie weit antisemitisches Gedankengut gerade reicht und wie offen dieses zur Schau getragen wird, ist mehr als erschreckend. Ich hoffe, dass ich durch mehr Wissen auch mehr Möglichkeiten für Gegenmaßnahmen sehen kann.

Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im kommenden Jahr vermeiden?

Zu viel Optimismus, was die Geschwindigkeit mancher Entwicklungen angeht!

Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?

Zu viel Optimismus, was die Geschwindigkeit mancher Entwicklungen angeht! Denn sonst kommt man immer noch langsamer an, so meine Erfahrung.

Welches Buch hat Ihnen in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht?

„Yellowface“ von Rebecca F. Kuang: eine Wahnsinnsgeschichte von einer Wahnsinnsautorin – ihren ersten Bestseller hat sie mit 19 geschrieben! Sie beweist, dass BookTok-Phänomene auch ganz ohne Spice möglich sind!

Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?

Immer genau das, womit wir nicht rechnen, das wir dann aber hoffentlich trotzdem zuverlässig liefern können!

Von wem würden Sie gern auch mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?

Vom Friedenspreisträger Salman Rushdie.

Welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie eigentlich gern beantwortet?

Wofür sind Sie dankbar?

Hier können Sie die auch beantworten:

Dafür, dass wir in dieser Branche ein gutes Miteinander haben, dass wir die aktuellen Themen aktiv angehen und miteinander sprechen. Dass hier so viele sind, die mit Leidenschaft arbeiten. Und ganz besonders dafür, dass ich großartige Kolleg*innen bei Libri und BoD habe.

Gestern fragten wir Wayan Rump, morgen antwortet Theresa Schenkel

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