Der Schriftsteller und Übersetzer Andreas Steinhöfel und die Illustratorin Melanie Garanin erhalten den mit 5.000 Euro dotierten Katholischen Kinder- und Jugendpreis 2023 für das im Carlsen Verlag erschienene Buch Völlig meschugge?!. Die Jury unter Vorsitz von Weihbischof Robert Brahm (Trier) hat das diesjährige Preisbuch aus 177 Titeln ausgewählt, die von 67 Verlagen eingereicht wurden. Der Preis wird in diesem Jahr zum 34. Mal vergeben. Die Preisverleihung findet am 25. Mai im Augustinerkloster in Erfurt statt.
Die Jury begründet ihre Entscheidung wie folgt: „Als Lehnwort aus dem Jiddischen hat sich meschugge im Deutschen als Bezeichnung für ‚verrückt, nicht bei Verstand sein‘ etabliert. Dabei schwingt stets ein humoristisches Moment mit und entspricht dem Ton, den die Ich-Erzählerin Charly anschlägt. Vorwitzig kommentiert sie die Ereignisse und macht keinen Hehl daraus, dass der Schlamassel, in den ihre beiden Freunde Benny und Hamid geraten sind, beträchtlich ist. Ihr kommt es zu, für Ausgleich und Versöhnung zu sorgen.
Die erzählerisch verknüpften Episoden führen mitten hinein in einen Alltag, wie er den kindlichen und jugendlichen Leserinnen und Lesern nur allzu vertraut ist. Zum gesellschaftlichen Mikrokosmos wird die Kleinstadt, in der Charly, Benny und Hamid leben, durch jene Ereignisse, die auf unterschiedlichen Ebenen in eine Vergewisserung religiöser Identität münden und religiöse Überzeugungen darstellen.
Eigentlich haben die drei Freunde Charlie, Benny und Hamid sich bisher nur durch ihre Interessen voneinander unterschieden: Charlie ist überzeugte Veganerin und Umweltschützerin, Benny favorisiert Höhlenforschung und Basketball, Hamid das Zeichnen. Als jedoch Bennys Opa stirbt, macht Benny dessen Kette mit dem Davidstern zu einem Zeichen seiner Erinnerung und Verbundenheit. Er ahnt nicht, dass er damit Vorurteile aufruft, die ihren Niederschlag in zunehmend rassistischen Haltungen (und Handlungen) innerhalb der Schule finden. Damit nicht genug, liest auch Hamid Bennys explizierte religiöse Zuordnung als Abgrenzung und lässt sich in seiner Verunsicherung zunehmend von seinem älteren Bruder beeinflussen. Der wiederum findet in der Community syrischer Flüchtlinge seine Selbstvergewisserung durch kulturell aufgeladene, radikal-konservative Deutungen des Islam. Sowohl Benny als auch Hamid wird eine erwachsene Figur zur Seite gestellt, die religiöse Ansichten und Einsichten begleitet: Bei Hamid ist es ein Imam, der das friedvolle und integrative Moment der Religion repräsentiert; bei Benny ist es eine alte Frau, die er am Friedhof kennenlernt, und die auf die Unabdingbarkeit deutscher Erinnerungskultur verweist. Wortwörtlich zwischen den beiden steht die selbstbewusste Charly. Allen Einflüssen zum Trotz glaubt sie an die tiefe Freundschaft, die entgegen aller Symbolik und Stereotype Bestand hatte, und hofft auf eine Versöhnung der Freunde. Ihre Handlungskompetenz lenkt den Blick darauf, dass gesellschaftliche Mechanismen in Gang kommen, die von den Kindern und Jugendlichen (noch) gar nicht verstanden, im Sinne eines kulturellen, pseudo-moralischen Nachahmens aber angewandt werden. Das Eigene vermag dabei nur in Abgrenzung zum Anderen oder Fremden als identitätsstiftend begriffen werden. Dass nur das Wissen Voneinander zu einem sinnstiftenden Miteinander führt, ist der Graphic Novel als Erkenntnisprozess eingeschrieben.“
Der Jury des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises gehören neben Weihbischof Robert Brahm an: Dr. Agnes Blümer (Bonn), Prof. Dr. Norbert Brieden (Wuppertal), Marlene Fritsch (Trier), Kerstin Fuchs (Wiesbaden), Dr. Theresa Kohlmeyer (Essen), Bettina Kraemer (Bonn), Dr. Heidi Lexe (Wien), Dr. Claudia Maria Pecher (München) und Prof. Dr. Markus Tomberg (Fulda).