Die „Publikationsvielfalt bei Fachzeitschriften ist in Gefahr durch das Deal-Projekt“ – gemeint ist der Zusammenschluss deutscher Wissenschaftseinrichtungen, der bundesweite Lizenzverträge für elektronische Zeitschriften mit nur drei Verlagen verhandelt, Weil dieses DEAL-Projekt Wettbewerb zerstört undPublikationsvielfalt, gefährdet, hat der Börsenverein Beschwerde eingelegt .
Der Hintergrund: Die überwiegende Mehrheit der deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen hat sich zusammengeschlossen, um elektronische Zeitschriften und sogenannte Open-Access-Dienstleistungen der drei weltgrößten Wissenschaftsverlage gebündelt abzunehmen. Hunderte deutscher Wissenschaftsverlage und Fachinformationslieferanten schließt die Allianz der Deutschen Wissenschaftsorganisationen dabei aus. Gegen dieses Beschaffungsmodell, das unter dem Namen DEAL läuft, hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht. Nach Ansicht des Verbands missbraucht die Allianz der Deutschen Wissenschaftsorganisationen, hinter der bundesweit rund 700 Forschungseinrichtungen stehen, mit dem Vorhaben ihre Marktmacht beim Bezug elektronischer Wissenschaftszeitschriften.
„Die Quasi-Exklusivvereinbarungen der Wissenschaftseinrichtungen ausschließlich mit drei großen Verlagen sind in unseren Augen kartellrechtswidrig und gefährden den Bildungsstandort Deutschland. Kleine Wissenschaftsverlage, die die große Mehrheit in Deutschland ausmachen, bleiben bei den Verhandlungen außen vor. Mangels nennenswerter Absatzalternativen verschlechtern sich ihre Marktchancen drastisch. Ihre Open-Access-Projekte sind nicht mehr wettbewerbsfähig, wenn Wissenschaftler unter Druck geraten, möglichst dort zu publizieren, wo die Trägereinrichtungen bereits für die Open-Access-Veröffentlichungen bezahlt haben. Der Buchhandel und Fachinformationsdienstleister werden weitgehend aus dem Handel mit deutschen Wissenschaftseinrichtungen verdrängt. Die Auswahlkriterien und Lizenzbedingungen für den von der Allianz angestoßenen Bezugsprozess sind dabei vollkommen intransparent. Unsere Bildungsrepublik braucht ein vielfältiges Publikationswesen und eine gut aufgestellte Informationsinfrastruktur mit fairen und transparenten Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer. Bibliotheken müssen die Wahlfreiheit haben, dort einzukaufen, wo sie es möchten. Wenn die Vielfalt der Publikationen und Bezugswege abgebaut wird, sind auch Vielfalt und Qualität in Bildung und Wissenschaft akut bedroht“, sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins.
Zum Hintergrund: Im Rahmen des DEAL-Projekts will die Allianz der Deutschen Wissenschaftsorganisationen für die von ihr vertretenen Forschungseinrichtungen den Bezug von elektronischen Fachzeitschriften bündeln. Statt individueller Abonnementverträge sollen bundesweite Lizenzverträge mit großen Wissenschaftsverlagen abgeschlossen werden. Die Deutsche Hochschulrektorenkonferenz, die die Allianz bei dem Vorhaben vertritt, verhandelt dabei aktuell ausschließlich mit den drei weltweiten Marktführern Elsevier, Springer Nature und Wiley. Obwohl über mehrere hundert Millionen Euro Anschaffungsbudgets wissenschaftlicher Bibliotheken verhandelt wird, findet ein erkennbarer und transparenter Auswahlprozess nicht statt, so dass für kleinere Wissenschaftsverlage oder Fachbuchhändler nicht die Möglichkeit besteht, mit ihren Angeboten zum Zuge zu kommen.
Neben dem Bezug des gesamten elektronischen Zeitschriftenportfolios der drei Verlage soll mit dem Abkommen auch die Open-Access-Nutzung pauschal abgegolten sein: Beiträge, die Wissenschaftler der beteiligten Forschungseinrichtungen in den Zeitschriften der Verlage verfassen, sollen zur freien Nutzung im Internet veröffentlicht werden, ohne dass dies von den Einrichtungen gesondert abgegolten werden muss.
Der Börsenverein geht davon aus, dass ein erfolgreicher Abschluss des DEAL-Projekts de facto zu Exklusivvereinbarungen für elektronische Zeitschriftenportfolios mit den drei größten Wissenschaftsverlagen führen wird. Zum einen, weil die Bibliotheksetats größtenteils gebunden wären und somit kein ausreichender Raum für alternative Bezugsquellen mehr bestehen würde. Zum anderen, weil zu befürchten ist, dass Open-Access-Veröffentlichungen der angeschlossenen Einrichtungen nur noch auf den Plattformen der drei Großverlage stattfinden.