Tag 2 von 6: Dienst nach Vorschrift Der Messe-Mayer: „Ist Gustav Gans ein Arsch?“

 

 

 

Liebe Freunde,

 

heute wollte ich mal nur Dienst nach Vorschrift machen, aber dann wusste ich gar nicht, wie das gehen soll bei einem, dessen Dienst gar keine Vorschriften hat.

Letztlich habe ich mich dann darauf geeinigt, heute später zu kommen, früher zu gehen, und dazwischen kaum was zu machen. So einen Messetag habe ich mir schon immer mal gewünscht.

(Also wie immer, nur mit weniger Fotos, haha.)

 

Die Messe wirkt geräumig, aber wohlbesucht; nicht überlaufen, aber interessiert. Die Gänge sind breiter als früher.

 

Fühlt sich an wie zwei Drittel dessen, was wir von vorher kannten.

 

In engen Situationen trage ich Maske, wasche oft meine Hände in Sammelwaschräumen mit fremden Männern zusammen und teste mich abendlich.

Von Euch hole ich mir dieses Virus nicht, Ihr Saubande.

 

Und natürlich Ihr auch nicht von mir.

 

 

Vielen Dank für Ihre Grüße, Ihr Lob, Ihren Zuspruch, Ihre Fotos und Ihre Fragen. Hier meine Antworten.

Gestern stocherte ich auf dem Titelbild von „Comic mit Akzent“ herum, weil ich dort unspanische Figuren entdeckt hatte.

 

Und das hat Ihre Neugier geweckt!

 

Die ich gerne stillen will:

1. Das Heft ist ein Rundgang durch spanische Comiczeichner*innen verschiedensten Stils.

2. Es ist gratis.

3. Es liegt aus im Spanienpavillon.

4. Fix und Felix sind zwar tatsächlich keine spanischen Figuren, aber das sollte mit dem Titelbild auch gar nicht unterstellt sein. Das Titelbild stammt von einer spanischen Künstlerin, und nur deshalb ist es das Titelbild. Erst denken, dann lesen, dann erst Maul aufreißen, ich.

5. Das Heft ist wirklich wunderschön und besitzenswert.

Wie man sieht.

 

Und das waren erst zwei der Zeichner*innen.

 

Also holen Sie sich das Heft und staunen Sie über die spanische Comicszene.

 

Nachhaltigkeit im stationären Buchhandel

Der Börsenverein, die Klimaoffensive und die Lesumer Buchhandlung nehmen am Projekt „Nachhaltigkeit im Stationären Buchhandel“ teil. Das macht die Kollegen zu einer Pilotbuchhandlung! Allein der Titel ist es doch schon wert.

 

Die Bühne im Azubistro impliziert ein junges, modernes, engagiertes und interessiertes Publikum.

 

So wie ich. Ökologie ist eines der heißesten Themen unserer Zeit, das vollsten Fokus und breiteste Aufmerksamk- hey, ein Typ als Saurier verkleidet! Hahaha, Wahnsinn.

 

Der sollte sich das besser auch mal anhören. Schließlich ist seine Spezies bereits an einem ökologischen Fußabdruck gescheitert (Meteor!)

 

An welchen Stellschrauben lässt sich drehen, um als Unternehmen seine Nachhaltigkeit zu verbessern? Ist die Messe als eine der größten sinnlosen Verblasungen von Ressourcen denn der richtige Ort, um ausgerechnet über Nachhaltigkeit zu reden?
Ei, grad!

Und hier das Giveaway zum Warmanziehen.

 

So, jetzt will ich aber den Saurierheini nochmal sehen.

 

So ein Brüller.

 

Nachhaltigkeit, lustiger als ich dachte.

 

 

Unsortiertes: Vom ersten Öhrchenfoto bis Karl May

 

Ich habe Luise Schitteck getroffen! Bei Libreka! Also direkt neben Thüringen! Und jeder Verweis auf die ostdeutschen Landesabteilungen des Börsenvereins bedeutet ja: Sie werden diese Woche noch den Illumat sehen. Den bringen die nämlich immer mit aus Weimar mit.

 

Aus den Öhrchen kommt jetzt sogar blauer Cartoonrauch!

 

 

Ich habe den Midas-Verlag alias Gregory Zäch endlich mal kennenlernen können! Marcel Ramirez, den ich noch von Knesebeck kenne, wollte ich ohnehin besuchen, und das Ehepaar Zäch hatte ich noch gar nicht kennengelernt, aber ich wollte sie bitten, diese Fotos auf Facebook zu unterlassen, die die beiden glücklich, vor edlen Speisen und auf pittoresken Reisen zeigen.

Also alle.

 

Ramirez, Zäch & Zäch: Klingt wie eine korrupte Anwaltskanzlei.

 

 

Meine heutige Mittagspause führt mich zum allerhässlichsten schönsten Hemd auf der Messe. Aber zuerst zu Fish & Chips.

 

Und danach zum hässlichsten schönsten Hemd.

 

Mein Mittagessen nahm ich mit Felix Busse ein, und Felix Busse trug dieses Hemd. Von weitem täuscht es durch seine Buntheit eine hawaiihemdhafte Fröhlichkeit an, die es aus der Nähe nicht einlöst.

 

Ich freue mich sehr auf den Kaffee, aber das ist kein Hibiskus auf diesem Hemd.

 

Sondern Splatter.

Waschbar bei 30°!

 

Blutige Rasenmäherflecken sind kein Problem, aber passen Sie auf bei Chlorophyll.

 

Yoga-Hass in allen Ehren, aber Felix, what the f&ck is wrong with you?

 

Auf Facebook kann man für solche Wäsche gesperrt werden!

(Auf BuchMarkt natürlich nicht, hahaha.)

 

Um zum Ausgleich etwas niedliches zu fotografieren, schaute ich mir die neuen Hängedekos von Carlsen an. Da hing Die Schule der magischen Tiere, wie süß!

 

(Ich habe trotzdem noch den Teufel im Kopf, der auf dem Hemd die Giraffe enthauptet.)

 

Und das hier sieht aus wie der Todesstern!

…wenn Ralph Ruthe ihn gemalt hätte.

 

Und so treffe ich auch endlich wieder Ulrike Dick, die wirklich seit dem ersten Messe-Mayer (Jahreszahl wissen wir nicht mehr) dabei war. Sie war damals bei Baumhaus, als ich bei Bodo Horn-Rumold herumkasperte; sie war im Marketingteam der Buchmesse und zeigte mir die spannendsten Büros; und bei Carlsen ist sie nun auch schon so lange, dass wir beide uns bald wieder siezen müssen, um uns neu zu duzen.

Aber die einzig wirklich branchenrelevante Information aus dieser Begegnung sei:

 

Wir sind einfach beide noch viel attraktiver als früher.

 

Aber was ist das jetzt für ein Todesstern-Ding?

 

 

Was sagt eigentlich Karl May dazu?

Um Karl May wurde in jüngster Zeit sehr viel Wind gemacht. Zusammengeprallt sind woke Behutsamkeit, Empfinden für indigene Sichtweisen, Deutschlands übermütigstes Tageblatt und die angstschweißnassen Unterhemden von Leuten, denen man erst den Negerkuss und dann die Zigeunersoße weggenommen hat.

Ich wollte wissen, ob der Karl-May-Verlag das spürt. Als ein Verlag, dessen einzige, ausschließliche Themenwolke komplett zur Disposition steht, waren die letzten Wochen sicher eine Achterbahn.

 

Das wichtigste Wort in dieser Causa May steht in dieser Liste ganz hinten: Verständigung,

 

 

Bernhard Schmid, die Pocahontas unter den Lesern der Boulevardpresse

 

Und tatsächlich spürt der Verlag das: nämlich im Bestellzuwachs. Wokeness wächst zwar ebenfalls weiterhin, aber schwerlich aus dem Lager der alten Karl-May-Fans. Während das Lager der neuen Karl-May-Fans, die durch das Ausflippen der Welt etwas enger zusammenrücken, zu neuen Käufern und Neukäufern wird.

 

 

Ich reiche noch eine Begegnung vom Dienstag nach: Natürlich treffe ich auf jeder Messe den Quartiermeister und Zeugwart des MVB, den findigen Markus Fertig! Jedes Jahr lässt sich das Marketingorgan des Buchhandels etwas neues Cooles einfallen, um die Messe unvergesslich zu machen!

 

Und bis das nächstes Jahr wieder so weit ist, müssen wir stattdessen so lange diesen Durchguck-Astronauten benutzen.

 

 

Aber wissen Sie, wozu man dieses Loch so richtig gut nutzen könnte?

 

 

So, jetzt war Christian von Zittwitz doch noch auf der Messe.

 

 

Interview mit Denis Scheck

Vor der Pandemie platzte mein lang ersehntes Interview mit dem feinsinnigsten Eierkopp der deutschen Komparistik, dem unvergleichlichen Denis Scheck. Dann kam die Pandemie und ließ ihrerseits ganze Messen platzen. Da bin ich dann selber geplatzt. Aber heute haben wir endlich zusammen Platz genommen, und nach dieser Einleitung kann das Gespräch nur noch punkten!

Mit Schecks kulinarischer Kompass hat er bei Piper ein Buch voller kulinarischer Anekdoten herausgebracht, das in Wahrheit gar kein Kompass ist, und während ich das tippe, höre ich mich im Kopf selber schon an wie Denis Scheck. Das ist natürlich wegen des Schwäbischen unangenehm, aber ich muss mich zusammenreißen: Ich habe weitaus mehr Fragen als er Zeit.

 

Und freilich ist dieses Buch ein Kompass.

 

(Verdammt, „freilich“ ist auch so ein Denis-Scheck-Wort!)

 

Wenn Sie an Bord der Enterprise für den Nahrungsreplikator zuständig wären, wie würden Sie Obstmengen wie Erdbeeren replizieren: Eine kleine Anzahl perfekter Früchte immer wieder kopieren, oder eine große, unperfekte Variation bereithalten, die zufällig gemischt würde?

Denis Scheck: Ich würde tatsächlich den größten Wert auf den optimalen Reifegrad legen. Aber Leonard Cohen singt nicht umsonst „there’s a crack in everything, that’s how the light gets in“, und so würde ich tatsächlich auch mal eine fleckige oder nicht so schmackhafte Frucht replizieren lassen, damit der Perfektionswahn von uns fernbleibe.

Haben Sie ein kulinarisches Guilty Pleasure?

Ja, aber ich habe es transzendiert. Ich habe ja in den USA studiert, und ich liebe Soul Food, also die schwarze Küche der amerikanischen Südstaaten. Das ist einerseits sehr innereienlastig, was ich liebe, aber die andere herausragende Speise, die dort sehr gut gemacht wird, ist frittiertes Hühnchen. Und davon fällt ja ein sehr bekannter Abglanz auf die Imbisswelt, den wir unter dem schrecklichen Namen „Kentucky fried Chicken“ kennen. Das ist quasi die Industriefassung von Soul Food. Aber das kann man auch sehr gut machen. Man muss da richtig mit Schärfe in der Panade arbeiten. Man kann das zuhause ganz gut nachkochen.

Wie ist denn Ihr inneres Alter? Wir sind nicht so weit auseinander, aber neben Ihnen komme ich mir vor wie Alfred J. Kwak, und Sie sind Dr. Snuggles.

Ob das so stimmt, weiß ich ja nicht. Ich bin aber selber immer wieder verblüfft darüber, dass ich mich morgens rasieren muss. Als Zehnjähriger hat man sich nicht rasiert. Sehr viel weiter bin ich wohl nicht gekommen auf diesem Altersspiegel. Aber mein Pass spricht eine andere Sprache.

Ihre Favoriten bei Lebkuchen seien immer noch die drei Klassiker Natur, Zuckerguss, Schoko. Aber welcher ist es von diesen dreien?

Definitiv Schokolade. Aber ich möchte eine dunkle, bittere Kuvertüre; und bitteschön von Lebkuchen Düll aus Nürnberg, weil: Lebkuchler is a Handwerk. Da gibt es auch wahnsinnig viel Massenscheiß. Bei dem Zeug aus dem Supermarkt gehe ich laufen. Aber die Düll’schen Lebkuchen sind eine Sünde wert.

Im Eiffelturm-Restaurant bekamen Pärchen ein Tütchen Madeleines für die Dame, aber ein männliches Paar bekam keine, weil „seulement pour les femmes“. Dürfte man das heute noch wagen?

Naja, wenn Sie sehen, dass wir in einer Zeit leben, wo Frauen aus der Ukraine ausreisen dürfen, nicht aber unter 60jährige Männer, dann sind wir ja bereit, diese Unterscheidung immer noch zu akzeptieren – was mich in Verwunderung stürzt.

Ist Gustav Gans ein Arsch?

Gustav Gans, jenes unerträgliche Schoßkind des Glücks, hat natürlich als geborener Glückspilz wenig sympathieträchtige Züge. Aber irgendwie ist diese Happy-go-lucky-Attitüde, mit der die Gans durchs Leben geht, ja auch etwas Beneidenswertes. Ich wünschte, ich hätte mehr Gustav Gans an mir.

Ist es das wert, diese Glücksblase, in der er lebt?

Ich bin ja selber Ente geworden, weil die Übersetzerin Erika Fuchs zwei Geschichten mit mir als Spielwarenhändler geschrieben hat. Sie sagte mir mal, schon hochbetagt, in einem Interview: „In Entenhausen gibt es keinen Sex und keinen Tod, und die Psychologen sollen sich den Kopf darüber zerbrechen, wie das miteinander zusammenhängt.“ Frank Schätzing hatte aber die These, dass es sehr wohl Sex in Entenhausen gebe – allerdings finde der in den weißen Zwischenräumen zwischen den Comicpanels statt.

Was kostet eine silberne Teekanne?

Wenn man im London Silver Wharfe, deren Loblied ich im Buch singe, eine erwirbt, dann kriegt man eine aus der Zeit von Jane Austen, so etwa 1810, mit einem Apfelholzgriff schon für drei-, vierhundert Pfund. Für einen elfenbeinernen Griff muss man ein ein bisschen mehr anlegen, aber auch nicht viel mehr. Ich trinke meinen morgendlichen Assamtee, den ich mir zubereite, mit Vorliebe aus einer solchen Kanne und komme mir dann Jane Austen ganz nah vor.

Da will ich nicht stören. Ich bedanke mich sehr für dieses Gespräch.

 

 

Wie süß ich bin: Bei diesem Interview war ich aus Fanboy-Gründen etwas aufgeregter als sonst.

 

 

Zum Geleit

Für einen Mittwoch nach Vorschrift können wir alle zufrieden sein. Meine Mama reicht noch ein Foto nach, das den Charme einer Beschattung hat:

„Sie verlassen jetzt das Motel, und er hat wieder diesen Typ mit diesem abgef&ckten Hemd dabei.“

 

Die Gang!

(So nenne ich einfach jedes Foto , auf dem Maren Ongsiek und Felix Busse drauf sind. Mit heutigem Gast: Mama!)

 

Und weil wir beileibe nicht die erste Gang sind, die glaubt, die Messe neu zu erfinden, soll ich recht liebe Grüße ausrichten: von Frau Sigrid Moritz aus Langenselbold, und zwar an Holger Ehling und Christian von Zittwitz. Jawohl, die Sigrid Moritz, deren Nachname bei der Gründung des wunderbaren Moritzverlages übrigens die entscheidende Rolle spielte.

 

Apropos Gründertage: Schauen Sie nur, liebe Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, was ich gefunden habe: Das ist über 15 Jahre her. Damals waren Sie nur die Frau Schmidt-Friderichs, und ich hab schon immer blöd geguckt!

Das Nachstellen alter Fotos scheint ja auf dieser Messe ein Ding zu sein. Wenn wir uns über den Weg laufen, bitte ich um ein gemeinsames Update. Ich werde am Donnerstag genau diese Krawatte tragen.

 

 

 

Wenn jemand einen Besuch vom Messe-Mayer wünscht, ist das übrigens wirklich ganz einfach. Sie melden sich irgendwie, und ich komme vorbei und mache mich über Sie lustig. Dafür kriegen Sie Gratiswerbung und werden Teil einer großen Familie.

So wie Christiane Steen, Programmleiterin bei Rotfuchs, einfach ein Foto schickt mit Standnummer und dem Vermerk „Wenn Du mal eine Lücke hast!“

 

Sie duzen mich ungefragt? Das werden Sie büßen.

Und manchmal entstehen Dinge für die Ewigkeit. Wenn Sie Pech haben, schreibe ich dann noch in 15 Jahren über Sie. („Wissen Sie noch, wie Sie mich vor 15 Jahren einfach geduzt haben?“)

Oder bis der bulgarische, gereizte Kater beschließt, dass jetzt nichts mehr getippt wird:

 

Asparuk, sei lieb!

 

Als Abschiedsgruß noch ein „Licht aus“-Foto von Maren Ongsiek:

Also genau genommen ist das Licht ja noch an.

 

Bis der bulgarische Kater kommt und dem ein Ende setzt, wie gesagt. Ich wünsche Ihnen einen schönen Donnerstag.

 

 

 

Helden der spanischen Literatur, 2 von 6:

Don Quijote und Sancho Panza

 

 

 

herrmayer@hotmail.com

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