Beckmann kommtiert Der Deutsche Buchpreis wird zur wirkungsmächtigen Institution

Man sollte sich erinnern:

1. Die Initiative ging 2004 „von den Rändern“ aus, von einem Kleinverleger – Joachim Unseld (Frankfurter Verlagsanstalt) – und (s)einem Autor, Bodo Kirchhoff.

2. Gegen die Idee gab es prinzipiell massive Bedenken und Widerstände; es bestand Gefahr, dass sie von vornherein „zerredet“ würde.

3. Der Plan, die Preisverleihung als Auftakt zur Frankfurter Buchmesse zu inszenieren, stieß auf heftige Kritik, nicht zuletzt wurde er als „Dolchstoß“ auf die international bedeutendste deutsche Autoren-Ehrung verstanden, den zum Abschluss und als medialen Höhepunkt der Frankfurter Messe verliehenen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, und geradezu als Infamie des Börsenvereins mit seinem Standort Frankfurt gegen die Leipziger Buchmesse mit ihren Literaturpreisen gewertet, die ja auch vom Börsenverein organisiert worden waren. Und

4. mochten viele dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels ein erfolgreiches Durchziehen des Planes einfach nicht zutrauen.

Es sind weder der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels noch die Leipziger Buchmesse mit ihren Preisen beschädigt worden. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat famose Arbeit geleistet, so dass der Deutsche Buchpreis 2005 auf Anhieb sein Ziel erreichte – wie seine Vorbilder, der französische Prix Goncourt und der britische Man Booker Prize -, ein breites Publikum zum Kauf und Lesen zeitgenössischer Literatur zu motivieren. Die Preisträger – Arno Geiger (2005), Katherina Hacker (2006) und Julia Franck -, dem deutschen Publikum bis dahin so gut wie unbekannt, gewannen erstmals eine breite Leserschaft

Von Julia Francks Roman Die Mittagsfrau wurden binnen 24 Stunden nach Bekanntgabe des Preises 55.000 und bis Jahresende fast 300.000 Exemplare verkauft. „Ein verdienter Sieg nicht nur für die junge Autorin und die noch junge Institution Deutscher Buchpreis“, schreibt der Spiegel, „sondern auch für das Ansehen deutschsprachiger Erzählkunst in der Welt“, wird der Roman nun doch in 22 Ländern in Übersetzungen erscheinen – eben dank dieses Deutschen Buchpreises, der ja auch mit der Absicht ins Leben gerufen wurde, der bisherigen Misere auf diesem Gebiet abzuhelfen.

Die Spiegel-Redaktion hat darum recht getan, den Deutschen Buchpreis als das markante Ereignis des literarischen Geschehens in Deutschland im Kulturrückblick auf das Jahr 2007 darzustellen. Innerhalb von nur drei Jahren einen neuen Literaturpreis mit solch hoher Wirkung durchzusetzen, ist eine Meisterleistung aller an ihm beteiligten Träger, Sponsoren und Akteure. Ein Hoch auch auf den Börsenverein unter seinem Vorsteher Gottfried Honnefelder, der es auf seine Fahnen geschrieben hat, vermehrt kulturelle Lobbyarbeit für das Buch zu tun.

Es sei nicht vergessen, dass ausgerechnet in diesem Erfolgsjahr die Flak gegen den Deutschen Buchpreis, insbesondere seine Jury, lauter wurde. Man muss es als Zeichen für die inzwischen gewonnene Beachtung und Geltung deuten – so wie in Großbritannien Breitseiten gegen den Man Booker alljährlich einfach dazugehören. Hier wie dort kommen sie übrigens in erster Linie von Literaturkritikern des alteingesessenen Kulturbetriebs und der Hochfeuilletons. Wetten, dass es beim Deutschen Buchpreis 2008 nicht anders sein wird? Warum wohl nicht?

Gerhard Beckmann freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de

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