Beckmann kommtiert … die Tatsache, dass eine große deutsche Buchhandlung ein höchst erfolgreiches Weihnachtsgeschäft (fast) ohne Bestseller machte

Dem Weihnachtsgeschäft gilt seit jeher erhöhte Aufmerksamkeit. Weil in der vorfestlichen Zeit besonders viele Bücher gekauft werden, bildet es für die Jahresbilanz von Verlagen und Buchhandlungen einen signifikanten Faktor.

In dem Zusammenhang wird Bestsellern immer eine große Bedeutung zugeschrieben. Und daran ist auch gewiss etwas dran. Aber was?. In welchem Ausmass sind die Bestseller im Weihnachtsgeschäft beherrschend.?

Jetzt hat eine große Buchhandlung mir Einblick in ihre Liste der vom 1. bis 23. Dezember meistverkauften Titel gewährt, und das Ergebnis in seiner Deutlichkeit war für mich überraschend.

Denn: Von den zwanzig belletristischen Hardcover-Topbestsellern des „Buchreport/Spiegel“-Rankings taucht unter den zwanzig meistverkauften Titeln dieser Buchhandlung nicht ein einziger auf; und von den „Spiegel“-Spitzensachbüchern lediglich eines: Hape Kerkelings Ich bin dann mal weg (auch hier ganz oben).

Die Fahndung nach den entsprechenden Taschenbuch-Hits ergab für die Belletristik bloß drei Übereinstimmungen: Francois Lelords Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück – auf der gesamtdeutschen Sellerliste auf Platz 3 – , Ruiz Zafóns Schatten des Windes – national auf Platz 5 – und Pascal Merciers Nachtzug nach Lissabon – dort Platz 4 – rangierten für Dezember bei unserer Buchhandlung mit den Nummern 8, 16 und 18. Der einzige TB-Sachbuchrenner des „Spiegel“ – dort auf Platz 1 – der dritte Band von Sebastian Sicks Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod -, der hier zu Rang und Ehren kam, brachte es auf den 15. Platz.

Kurzum: Unter den zwanzig meistverkauften Büchern im Weihnachtsgeschäft dieses Sortiments erscheinen lediglich je ein Hardcover- sowie ein TB-Sachbuch und drei TB- Romane von den „Spiegel“-Bestsellerlisten.

Es wäre hilfreich, die individuellen Ranglisten weiterer Buchhandlungen zu erfahren. Die Zahlen des oben erwähnten Sortiments sind jedoch schon mal ein erster Einzelbeleg aus Deutschland für die (von anderwärts dokumentierte) These, die Volker Hasenclever und ich in unserem Gemeinschaftsartikel zum Mythos des Bestsellers ( im Januar-BuchMarkt) zur Diskussion stellen: Buchhandlungen und Verlage, die allzu sehr auf das Geschäftsmodell des flächendeckenden „Bestsellers“ bauen, könnten eine üble Bauchlandung erleben.

Gerhard Beckmann freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de

Weitere Beiträge der Kolumne „Beckmann kommentiert“ finden Sie im Archiv unter dem Stichwort: „beckkomm“.

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